Umweltministerin Lemke Im Schatten
Mit der Debatte um Atomkraft könnte Umweltministerin Lemke eine Niederlage drohen. Es wäre ein Rückschlag für die Grünen-Politikerin - die im Kabinett noch ihre Rolle sucht.
Als Außenministerin Annalena Baerbock diese Woche Vertreter aus 40 Ländern beim Petersberger Klimadialog empfing, wäre das in früheren Zeiten der Job der Umweltministerin gewesen. Und damit jetzt die Aufgabe von Steffi Lemke. Aber die Zeiten haben sich geändert: Noch bevor Lemke als Umweltministerin ernannt wurde, hatten sich die ehemaligen grünen Parteichefs die Filetstücke des Umweltministeriums unter sich aufgeteilt. Internationale Klimapolitik wanderte ins Auswärtige Amt, die restliche Klimaabteilung in die Invalidenstrasse in Robert Habecks Wirtschaftsministerium.
Geblieben ist Lemke lediglich der nachhaltige Klimaschutz, de facto ein zerrupftes Ministerium. Damit es nicht ganz so nach Entmachtung aussah, bekam Lemke noch den Verbraucherschutz zugeschustert.
Große Impulse fehlen bislang
Nun konnte man bis dato nicht wirklich den Eindruck gewinnen, dass Verbraucherschutz ein Herzensanliegen der Politikerin aus Sachsen-Anhalt sei. Bislang hat die Ministerin vor allem mit einem Vorstoß eines Moratoriums für Strom- und Gassperren zum Schutz der Verbraucher von sich reden gemacht. Auch sonst scheint die Ministerin noch ein wenig ihren Platz in der Regierung zu suchen, die ganz großen Impulse fehlen bislang.
Naturschutz, Artenschutz, natürlicher Klimaschutz sind die Themen, die sie beschäftigen. Über den Schutz der Moorböden redet Lemke besonders gerne, was womöglich auch daran liegt, dass sie studierte Agrarwissenschaftlerin ist. Gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium beschloss sie eine Zielvereinbarung, in dessen Zentrum die Wiedervernässung entwässerter Moorböden steht.
Die Umweltverbände freuen sich über das Engagement der Ministerin für den Naturschutz. Bislang sei der Naturschutz finanziell schlecht aufgestellt gewesen, sagt Olaf Bandt vom BUND, die Durchsetzung der Ministerin des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz - zu dem auch die Moorschutz gehört - sei eine ganz neue Dimension. Insgesamt will die Ministerin in puncto Klima und Artenschutz viel mit den anderen Ministerien kooperieren - vorrangig tut sie das mit den grünen Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerien.
Im Schatten Habecks
Weniger Konflikte, mehr Harmonie - ihre Devise. Ein hehrer Ansatz, nur führt das auch dazu, dass Lemke nicht nur dankbare Aufgaben übernehmen muss: Etwa den Naturschützern erklären, dass jetzt Habecks Windkraftauspläne Vorrang haben.
Zudem fällt das Umweltministerium in der öffentlichen Wahrnehmung gerne mal hintenüber. Als Lemke beispielsweise gemeinsam mit Habeck zum Klima- und Umwelt G7-Gipfel einlud, hielt zwar auch die Umweltministerin eine Rede, nur am Ende wurde vor allem Minister Habeck mit der Aussage "der Status Quo ist der Feind" zitiert.
An Hartnäckigkeit mangelt es nicht
Nun ist es zugegebenermaßen nicht ganz einfach neben dem Kommunikationstalent Habeck zu bestehen, doch Lemkes eher spröder Kommunikationsstil, hilft nicht unbedingt dabei, einem geschrumpften Ministerium mehr Gehör zu verschaffen.
Dabei mangelt es der Dessauerin nicht an Hartnäckigkeit. Sie wird immer wieder als eine Politikerin mit eigenem Kopf und großer Widerstandsfähigkeit beschrieben, was, wie sie selbst sagt, auch mit ihrer DDR-Biografie zu tun hat: "Die friedliche Revolution bleibt bis heute der wichtigste politische Moment in meinem Leben", sagte Steffi Lemke gegenüber der "Zeit" einmal.
Es waren auch die gravierenden Umweltschäden, die sie damals auf die Straße trieben. Vielleicht kam auch daher ihr Verständnis für Klimaaktivisten, die Autobahnen blockieren, wofür Lemke von der FDP öffentlich kritisiert wurde.
Showdown ums Verbrenner-Aus
Ihren größten Showdown ihrer bisherigen Amtszeit lieferte sich die Grüne Politikerin, die aus dem linken Parteiflügel kommt, mit Verkehrsminister Wissing um das Verbrenner-Aus. Die FDP hatte sich kurz vor dem EU-Treffen dafür eingesetzt E-Fuels vom Verbrenner-Aus auszunehmen. Lemke kämpfte bis zum Schluss dagegen. Am Ende gab es einen Kompromiss, der zwar für E-Fuels eine Hintertür offen lässt, aber doch weitestgehend die grüne Linie - und die der EU - beibehält.
Zum Zuschnitt des Umweltministeriums gehört auch die nukleare Sicherheit. Und so mischte sich Lemke zuletzt auch in die Atomdebatte ein. Lemke sprach sich gegen die Laufzeitverlängerung aus. Eine gemeinsame Prüfung mit dem Wirtschaftsministerium habe ergeben, dass die wirtschaftlichen Kosten und Risiken überwiegen würden.
Nun aber kündigte das Wirtschaftsministerium eine erneute Prüfung an. Sollte dabei etwas anderes herauskommen, dürfte das für die Atomkraftgegnerin Lemke eine weitere bittere Pille sein. Die Bundesumweltministerin hatte sich schon vergeblich dagegen eingesetzt, dass die EU Atomkraft als nachhaltig eingestuft wird.