Pflegereform im Bundestag Kritik von allen Seiten
Steigende Kosten für die Pflege belasten Millionen Menschen. Die Bundesregierung will mit einer Reform gegensteuern. Doch die stößt auf wenig Gegenliebe, wie die Debatte im Bundestag zeigt.
So wie es jetzt ist, kann es bei der Pflege nicht bleiben - darin sind sich im Bundestag alle einig. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte, zunächst einmal brauche die Pflegeversicherung mehr Geld: "Wir werden 6,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellen."
Davon fließen rund vier Milliarden Euro in bestehende und neue Pflegeleistungen. Zum Beispiel soll es mehr Pflegegeld für die Pflegebedürftigen geben. "Das Pflegegeld steigt um fünf Prozent, das sind im Durchschnitt für die 2,5 Millionen Leute, die das bekommen, 270 Euro mehr im Jahr", sagte der SPD-Politiker.
Forderungen nach mehr Pflegegeld
Und diese Erhöhung stößt auf viel Kritik. Fünf Prozent mehr seien viel zu wenig, kritisierte die Union. Hohe Inflation und Energiepreise würden auch die Pflegekosten nach oben treiben, erklärte der CSU-Abgeordnete Erich Irlstorfer: "Die angekündigte Erhöhung um fünf Prozent zum 01.01.24 deckt nicht mal die Erhöhung des laufenden Jahres."
Selbst aus der Koalition kommt Kritik an Lauterbachs Gesetzentwurf. Marie Klein-Schmeink, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte, es gebe Verbesserungsbedarf. Für sie kommt vor allem die Pflege zu Hause zu kurz. Rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen würden von Angehörigen gepflegt - die häusliche Pflege müsse mehr unterstützt werden. "Das muss im Vordergrund stehen und das ist in diesem Gesetz noch nicht so enthalten, wie wir uns das wünschen würden."
Doch auch viele Pflegebedürftige im Heim und ihre Familien seien finanziell am Limit, kritisierte der Linken-Abgeordnete Ates Gürpinar: "Wenn sie in der Pflege landen, werden sie mit weit über 2000 Euro Kosten auch mit mittlerem Einkommen schnell arm." Zwar sollen die Zuschläge ab 2024 erhöht werden, die die Pflegekasse an Bewohner in Pflegeheimen zahlt, doch für die Linke ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Kritik an Erhöhung des Pflegebeitrags
Der Gesetzentwurf zur Pflegereform sieht zudem vor, dass jeder Einzelne künftig mehr in die Pflegekasse einzahlen soll. Von Juli an soll der Pflegebeitrag um 0,35 Prozentpunkte angehoben werden, für Kinderlose noch etwas stärker. Ausgenommen sind Familien mit mehreren jüngeren Kindern.
Gegen höhere Pflegebeiträge protestierte Martin Sichert von der AfD: "Die Reallöhne sind im letzten Jahr um vier Prozent gesunken. In dieser schweren Zeit, wo die Löhne sinken, müssen wir die Bürger entlasten und nicht belasten."
Doch wie sollen die steigenden Pflegekosten bezahlt werden? Immer höhere Beiträge könnten gewiss nicht die Lösung sein, betonten auch die Liberalen. Die FDP-Abgeordnete Nicole Westig machte schon mal klar: "Wir erteilen an dieser Stelle auch allen erneuten Forderungen nach einer Bürgerversicherung oder einer Veränderung der Beitragsbemessungsgrenze eine klare Absage."
Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien plädierten dafür, künftig mehr Steuermittel in die Pflegekasse zu stecken. Wie es mit dem Gesetzentwurf zur Pflegereform weitergeht, das beraten die Abgeordneten als Nächstes im zuständigen Ausschuss.