"Leopard" und "Abrams" Der Panzerpakt von Scholz und Biden
Zuerst die Kehrtwende in Berlin, dann in Washington: Nach den "Leopard"-Zusagen erhält die Ukraine auch "Abrams"-Panzer. Verteidigungsminister Pistorius ist sich in den tagesthemen sicher: Völkerrechtlich sei man auf der sicheren Seite.
Es waren lange Verhandlungen - inzwischen haben sich Deutschland und die USA darauf geeinigt, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern. Aus deutschen Beständen sollen 14 "Leopard 2" zur Verfügung gestellt werden. Da Berlin auch seinen Verbündeten die Ausfuhr aus ihren Arsenalen erlaubt, sollen es insgesamt rund 90 sein. Die Bundesregierung hatte sich wochenlang geweigert, "Leopard"-Panzer an die Ukraine zu liefern oder Drittstaaten eine Lieferung der deutschen Panzer aus deren eigenen Beständen zu erlauben.
Die US-Regierung will 31 "Abrams"-Kampfpanzer liefern. Auch hier gab es heute die offizielle Bestätigung. Und auch hier hat die US-Regierung einen Kurswechsel vorgenommen: Die US-Regierung hatte lange erklärt, die "Abrams" seien für die ukrainischen Streitkräfte nicht geeignet. Allerdings machte US-Präsident Joe Biden deutlich: Die Lieferung der "Abrams"-Panzer in die Ukraine werde "einige Zeit in Anspruch nehmen". US-Regierungskreisen zufolge könnte es sogar "einige Monate" dauern, bis ukrainische Soldaten die "Abrams" steuern und warten könnten.
"Deutschland hat mich nicht gezwungen"
"Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite ihrer Verbündeten und Partner und werden weiterhin alles tun, was wir können, um die Ukraine zu unterstützen" , sagte Biden. "Deutschland hat mich nicht gezwungen, meine Meinung zu ändern." Damit spielte Biden auf Meldungen der vergangenen Tage an.
Scholz soll in einem Telefonat mit dem US-Präsidenten eine Lieferung von "Abrams"-Panzern zur Bedingung für die Lieferung von "Leopard"-Panzern gemacht haben, berichteten Medien.
Zahlreiche Länder wollen liefern
Die Entscheidungen aus den USA und Berlin sorgten vor allem in der Ukraine für positive Reaktionen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Nachrichten aus Berlin und den USA. "Aufrichtiger Dank dem Kanzler und allen unseren Freunden in (Deutschland)", twitterte er.
Neben Deutschland haben zahlreiche weitere Länder angekündigt, Kampfpanzer zu liefern. Unter anderem wollen die Niederlande die von Deutschland bisher geleasten Panzer kaufen und dann der Ukraine zur Verfügung stellen. Großbritannien hat bereits angekündigt, 14 Kampfpanzer des britischen Modells "Challenger 2" in die Ukraine zu liefern.
Die polnische Regierung will 14 "Leopard 2"-Panzer in die Ukraine liefern. Auch Finnland erklärte, sich einer Panzerlieferung anderer Länder anzuschließen. Frankreich erwägt, Panzer des Typs "Leclerc" zu liefern. Spanien ist bereit zur Lieferung von "Leopard"-Panzern an die Ukraine, wie das Verteidigungsministerium der Nachrichtenagentur EFE zufolge erklärte. Auch Norwegen will der Ukraine "Leopard"-Kampfpanzer zur Verfügung stellen.
Scholz verteidigt sich
Die Kehrtwende des Kanzlers sorgte im Bundestag heute für Zustimmung, aber auch für Kritik. Der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt warf etwa dem Kanzler in der Fragestunde vor, durch eine zögerliche Entscheidungsfindung "erheblichen Flurschaden" für das Ansehen Deutschlands im Ausland angerichtet zu haben.
Scholz wiederum verteidigte seine Haltung bei der Regierungsbefragung. Sein Ziel sei es immer, eine Ausweitung des Ukraine-Krieges auf die NATO zu verhindern, sagte Scholz. Es sei deshalb "richtig, dass wir diese Waffensysteme niemals alleine, sondern immer in enger Kooperation bereitstellen". Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, "dass wir uns nicht haben treiben lassen", sagte Scholz.
"Keine Kriegspartei"
Deutschland ist nach den Worten des Kanzlers damit auch nicht zur Kriegspartei geworden. Das sagte der SPD-Politiker am Abend in der ZDF-Sendung "Was nun, Herr Scholz?". Die Lieferungen bezeichnete Scholz als klares Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und auch als klare Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass sein "imperialistischer Krieg" keinen Erfolg haben werde. Zugleich müsse man immer darauf achten, nicht zur Kriegspartei zu werden. "Es darf keinen Krieg zwischen Russland und der NATO geben."
Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius glaubt nicht, dass Russland Deutschland zum Hauptgegner erklärt. "Alle Alliierten sind mit an Bord", sagte er im tagesthemen-Interview. "Wir sind nicht allein, wir sind auch nicht der Hauptgegner", so Pistorius. Völkerrechtlich sei Deutschland auf der sicheren Seite. "Wir sind auch damit nicht zur Kriegspartei geworden."
Die Waffenlieferungen bezeichnete Pistorius als "schlicht alternativlos." Man sei sich der Lücken, die das Abgeben von Waffen in einem Krieg nach sich ziehe, bewusst, sagte er. Dem Vorwurf, die Rüstungsindustrie habe bisher nicht geliefert, widersprach Pistorius. Er kündigte an, bald mit der Rüstungsindustrie Gespräche zu führen, womöglich bereits in der kommenden Woche. "Wir tun jetzt alles, damit schnell wiederbeschafft wird."