Özdemir zur Ampel "Wir streiten uns wie die Kesselflicker"
Nach zwei Jahren in der Bundesregierung zieht Agrarminister Özdemir ein gemischtes Fazit: Die Ampel habe Fehler gemacht, doch die Bilanz sei passabel. Das drohe durch die Streitereien allerdings unterzugehen.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die eigene Regierungskoalition. "Die Ampel hat wahrlich Fehler gemacht", sagte er in Düsseldorf beim Ständehaus-Treff der Rheinischen Post. Vor allem kritisierte er aber die Außendarstellung der Regierung. "Wir werden es schaffen, das unsere passable Bilanz nicht ankommt, weil wir uns streiten wie die Kesselflicker."
Die vergangenen beiden Jahre seien beispielsweise die erfolgreichsten für die Landwirtschaft gewesen, das Höfesterben habe sich verringert. Dennoch drohten die Bauernproteste inzwischen selbst den konservativen Bauernverbänden zu entgleiten.
Özdemir: War an Sparbeschlüssen nicht beteiligt
Er habe bei seinem Amtsantritt als Bundesagrarminister "ein prall gefülltes Fass vorgefunden" und die Regierung habe das Kunststück fertiggebracht, dieses Fass mit den Sparbeschlüssen etwa zum Agrardiesel zum Überlaufen zu bringen. Er sei daran nicht beteiligt gewesen, betonte Özdemir erneut. Die teilweise Korrektur der Beschlüsse sei zudem zu spät gekommen. "Da waren die Proteste schon organisiert."
An den sehr erfolgreichen schwarz-grünen Koalitionen in NRW und Baden-Württemberg "könne sich die Ampel eine Scheibe abschneiden", sagte der 58-Jährige. Sein Wahlkreis liegt in Baden-Württemberg. Kritik an der eigenen Partei klang beim Heizungsgesetz an: Man habe die Veränderungsmüdigkeit der Gesellschaft unterschätzt.
Özdemir bittet Opposition Blockade zu beenden
Der Berg der Probleme sei aber nicht während der vergangenen zwei Jahre entstanden und es gebe auch Verdienste: Trotz "der idiotischen Abhängigkeit von Putins Gas" sei Deutschland gut durch den Winter gekommen. Er frage sich inzwischen, was die Vorgängerregierungen gemacht haben, als die Steuereinnahmen sprudelten: "Die Infrastruktur ist in einem desaströsen Zustand."
Özdemir appellierte an die Opposition, ihre Blockadehaltung im Bundesrat aufzugeben. Das Wachstumschancengesetz sei wichtig für die Wirtschaft. "Es sind nicht nur die Probleme der Ampel, es sind nationale Probleme." Es sei an der Zeit, nationale Interessen vor das Parteiwohl zu stellen.