Merkel äußert sich "Barbarischer Angriffskrieg Russlands"
Als Bundeskanzlerin außer Dienst wolle sie keine Einschätzungen von der Seitenlinie abgeben: Zum Ukraine-Krieg sagte Angela Merkel dann aber doch etwas. Kein Wort jedoch über ihre eigene Russland-Politik als Kanzlerin.
In ihrer ersten öffentlichen Rede seit rund einem halben Jahr hat die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel den russischen Angriff auf die Ukraine als "tiefgreifende Zäsur" bezeichnet. Sie wolle als Bundeskanzlerin außer Dienst keine Einschätzungen von der Seitenlinie abgeben, sagte Merkel am Abend in Berlin. Doch zu sehr markiere Russlands Einmarsch in sein Nachbarland einen eklatanten Bruch des Völkerrechts in der Geschichte Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Meine Solidarität gilt der von Russland angegriffenen, überfallenen Ukraine und der Unterstützung ihres Rechts auf Selbstverteidigung.
Sie unterstütze alle entsprechenden Anstrengungen der Bundesregierung, der EU, der USA, der NATO, der G7 und den UN, "dass diesem barbarischen Angriffskrieg Russlands Einhalt geboten wird".
Merkel lobt Unterstützung und Solidarität
Wie weitreichend die Folgen des Kriegs sein würden, könne seriös noch niemand einschätzen, sagte Merkel. Sie würden jedoch erheblich sein - vor allem für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Merkel ging auf Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung ein.
Butscha steht stellvertretend für dieses Grauen.
In Städten wie Butscha und Irpin waren nach dem Abzug russischer Truppen Gräueltaten ans Licht gekommen. Entsetzt wurde weltweit auf die Bilder von ermordeten Bürgern und Berichte über Vergewaltigungen reagiert. Der Strafgerichtshof in Den Haag schickte Ermittler in die Ukraine, um mutmaßliche Kriegsverbrechen zu untersuchen.
Ein kleiner, aber großartiger Lichtblick "in dieser unendlichen Traurigkeit" sei die enorme Unterstützung für die Ukrainerinnen und Ukrainer durch viele Nachbarländer - etwa Polen und Moldau, wie Merkel beispielhaft betonte.
In der aktuellen Situation sei die Geschlossenheit der EU zentral.
Niemals sollten wir Frieden und Freiheit selbstverständlich nehmen.
Merkel und die Gewerkschaften
Anlass für Merkels ersten größeren öffentlichen Auftritt mit politischem Charakter war der Wechsel an der Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Beim Abschied des langjährigen DGB-Chefs Reiner Hoffmann vor mehr als 200 Gästen hielt sie die Laudatio. Unter den Gästen waren zahlreiche Weggefährten Hoffmanns aus Politik und Gewerkschaften.
Merkel und Hoffmann, der den DGB ab 2014 geführt hatte, trafen sich in ihrer jeweiligen Laufbahn immer wieder - unter anderem bei den Kabinettsklausuren auf Schloss Meseberg. In ihrer "ersten Rede seit fast einem halben Jahr", wie sie es selbst sagte, lobte Merkel die Sozialpartnerschaft im Land und rief zu ihrer Stärkung auf. Hoffmann wurde im Mai von der ehemaligen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi abgelöst.
Merkels Russland-Politik
Nächste Woche ist Merkel erneut politisch präsent. Sie wird am 7. Juni zu einer Diskussionsveranstaltung in Berlin erwartet. Da dürfte es weitaus intensiver um Russland und den deutschen Umgang mit Präsident Wladimir Putin und eventuelle Fehleinschätzungen während ihrer Kanzlerinnenjahre gehen. Zu eigenen Fehlern äußerte sich Merkel bislang nicht. Andere frühere Spitzenpolitiker, etwa Jetzt-Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - jahrelang Außenminister in Merkels Kabinett - gestand öffentlich Fehler in der Russland-Politik ein. "Ich habe mich geirrt", sagte Steinmeier öffentlich.