Einschätzung von Lauterbach "Mpox momentan keine große Gefahr"
Ein erster Mpox-Fall in Europa ändert für Gesundheitsminister Lauterbach nichts an der Risikoeinschätzung. Er sieht Deutschland vorbereitet, falls sich die Lage verschärfen sollte. Weitere Fälle werden bereits erwartet.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht nach dem Auftreten eines ersten Mpox-Falls der neuen Variante in Europa keinen Grund für Beunruhigung. "Mpox stellen für unsere Bevölkerung momentan keine große Gefahr dar", teilte der SPD-Politiker mit. Der Fall in Schweden ändere nichts an dieser Risikoeinschätzung für Deutschland und Europa. Denn dabei handele es sich um eine Virusvariante, die bislang nur in Teilen Zentralafrikas endemisch sei.
Als endemisch werden laut Definition des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung Krankheiten bezeichnet, wenn sie dauerhaft gehäuft in einer begrenzten Region oder einer Population vorkommen.
"Deutschland hat den ersten Ausbruch der damaligen Mpox-Variante im Jahr 2022 erfolgreich in den Griff bekommen. Wir verfolgen die Lage trotzdem weiterhin aufmerksam und sind vorbereitet, falls sich die Lage ändert", sagte Lauterbach. Nach Angaben seines Ministeriums haben einige Bundesländer noch Impfstoffe von 2022 vorrätig. Auch der Bund hat demnach noch rund 117.000 Impfstoffdosen. Eine weitere zentrale Beschaffung sei derzeit nicht vorgesehen.
EU-Gesundheitsbehörde erwartet weitere Fälle
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC forderte die EU-Mitgliedstaaten nun auf, sich auf einen Anstieg der Infektionsfälle einzustellen. Das Auftreten weiterer "importierter" Fälle sei "sehr wahrscheinlich", das Risiko für die Bevölkerung innerhalb der EU sei durch die rasche Ausbreitung des Virus in Afrika gestiegen, erklärte ECDC-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Das Risiko für die Gesamtbevölkerung in Europa schätzt die ECDC aktuell als niedrig ein, nicht mehr als sehr niedrig. Für Menschen, die enge Kontakte zu möglichen oder bestätigten Mpox-Fällen haben, bestehe ein moderates Risiko. Wer nach Afrika reise und dort engen Kontakt mit den Betroffenen habe, dessen Risiko einer Ansteckung werde als hoch eingeschätzt.
Die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Übertragung in Europa sei sehr gering, sofern importierte Fälle schnell diagnostiziert und Kontrollmaßnahmen umgesetzt würden, teilte die ECDC weiter mit.
WHO-Büro warnt vor Stigmatisierung
Auch das WHO-Regionalbüro für Europa hatte erklärt, in den kommenden Tagen und Wochen sei in Europa mit weiteren "importierten Fällen" der Mpox-Variante zu rechnen.
Der bestätigte Mpox-Fall in Schweden zeige, wie sehr die verschiedenen Weltregionen miteinander verknüpft seien, erklärte das WHO-Büro. Es sei wichtig, angesichts des Mpox-Ausbruchs nicht bestimmte Länder, Regionen oder Reisende zu stigmatisieren: "Reisebeschränkungen und Grenzschließungen funktionieren nicht und sollten vermieden werden", betonte die WHO.
Die Weltgesundheitsorganisation hatte wegen der Mpox-Ausbrüche in Afrika und der neuen, womöglich gefährlicheren Variante am Mittwoch die höchste Alarmstufe ausgerufen. Damit sollen Behörden in aller Welt zu erhöhter Wachsamkeit gebracht werden.
Pakistanische Behörden bestätigen Fall von Mpox
Auch in Asien wurden bereits Mpox-Fälle gemeldet. Das pakistanische Gesundheitsministerium teilte mit, dass ein Fall von Mpox nachgewiesen wurde. Um welche Variante des Erregers es sich dabei handelt, blieb unklar. Betroffen sei eine Person, die aus der Golfregion eingereist sei.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf das Gesundheitsamt der nördlichen pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, dass bei mindestens zwei Personen Mpox nachgewiesen worden sei. Es gebe einen dritten Verdachtsfall. Die drei Betroffenen stünden unter Quarantäne. Auch hier wurde nicht bekannt, ob es sich um Infektionen mit der Variante Klade I handeln könnte.
Das Virus weist zwei genetische Kladen (I und II) auf. Das internationale Mpox-Geschehen seit Mai 2022 geht auf Klade IIb zurück. Ansteckungen mit dem Virus der Klade I hingegen wurden bislang ausschließlich in West- und Zentralafrika beobachtet.
Sorge über Ausbreitung in DR Kongo
Insbesondere mit Blick auf die Demokratische Republik Kongo zeigt sich die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen alarmiert über die Geschwindigkeit, mit der Mpox grassiert. "Sorge bereitet uns neben der jüngsten Mutation auch die Tatsache, dass die Krankheit in den Geflüchtetencamps rund um Goma aufgetreten ist, wo Menschen auf engstem Raum leben und sich die Krankheit rasant ausbreiten könnte", sagte Jasmin Behrends, Expertin für globale Gesundheit der Organisation in Deutschland.
Ärzte ohne Grenze hat nach eigenen Angaben seit zwei Monaten die Arbeit mit Notfallteams im Ostkongo intensiviert, wo die Mehrheit der durch bewaffnete Konflikte vertriebenen Binnenflüchtlinge in oft beengten Verhältnissen lebt.