Letzte Sitzung vor der Wahl Abschiedsstimmung im Brandenburger Landtag
Im September wählt Brandenburg ein neues Parlament. Die aktuelle Kenia-Koalition wird es in der Form nicht mehr geben. Viele Abgeordnete verlassen den Landtag freiwillig, andere bangen um den Wiedereinzug ins Parlament.
Die letzte Plenarwoche hatte es noch einmal in sich. Die Tagesordnung der 108. Sitzung des Brandenburger Landtags war so lang, dass gleich vier Tage debattiert wurde und nicht wie sonst zwei Tage.
Kurz vor der Sommerpause gab es noch viel zu entscheiden und über allem schwebte eine gewisse Abschiedsstimmung. Denn am 22. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt.
Viele Brandenburger Themen, die den Landtag beschäftigt haben, wurden auch überregional diskutiert. Von Tesla, über die Zukunft der PCK-Raffinerie in Schwedt, der Strukturwandel in der Kohleregion Lausitz, Grenzkontrollen oder die Krankenhausreform. An Themen mangelte es den Parlamentariern nicht.
Ton ist rauer geworden
Aus Sicht der Landtagspräsidentin von Brandenburg, Ulrike Liedtke, hat sich in den vergangenen fünf Jahren die Debattenkultur verändert. Die Art und Weise, wie diskutiert wurde, sei "konfrontativer und aggressiver" geworden. "Den Ton hat die AfD-Fraktion verschärft", so die SPD-Politikerin. Der Umgang miteinander sei nicht angenehmer geworden.
Doch auch unter den Kenia-Koalitionspartnern von SPD, CDU und Grünen ging es nicht immer harmonisch zu. Es war keine Liebesehe, sondern eher eine Zweckehe, bescheinigt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. "Es ist so wie im normalen Leben. Zweckehen bringen manchmal bessere Ergebnisse als Liebesheiraten."
Vor allem zwischen CDU und Grünen hat es zuletzt nicht so gut funktioniert, resümiert Innenminister Michael Stübgen. "Die Schnittmengen insbesondere mit einem Koalitionspartner waren nicht übermäßig groß", so der CDU-Politiker - er meint damit die Grünen. In vielen Bereichen sei das "zu wenig gewesen, auf das wir uns einigen konnten". Aber man habe es dennoch geschafft, sich darauf zu konzentrieren, was notwendig und umsetzbar sei.
Schlechtes Zeugnis von der AfD
Insgesamt stehe Brandenburg besser da, als es von außen wahrgenommen werde, so die Bilanz der Landesregierung. Beim Streitthema Tesla zum Beispiel: Seit der Ansiedlung wurden in Brandenburg 12.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. "Ich bin heute noch davon überzeugt, dass das eine Investition ist, die unser Land dauerhaft positiv verändern wird", sagt Ministerpräsident Woidke.
Die Opposition zieht eine andere Bilanz. Die größte Oppositionspartei in Brandenburg, die AfD, stellt dem Land unter anderem im Bildungsbereich ein schlechtes Zeugnis aus. "Uns fehlen 10.000 Erzieher bis 2028, wir haben einen eklatanten Lehrermangel. Unsere Schüler können in der 4. Klasse zum Großteil nicht mehr lesen, rechnen, schreiben, also da ist eigentlich nichts positiv", sagt der bildungspolitische Sprecher der AfD in Brandenburg, Dennis Hohloch.
Harter Wahlkampf steht bevor
Nach der Sommerpause steht den Brandenburgern ein harter Wahlkampf bevor. Die Zusammensetzung des Landtags wird eine andere sein. Und sie wird die Bildung einer neuen Regierung möglicherweise nicht leichter machen. Die AfD sieht sich schon als stärkste Kraft in Brandenburg.
Auf den roten Stühlen im weißen Brandenburger Plenarsaal, werden nach der Wahl viele neue Gesichter sitzen. Denn viele Abgeordnete scheiden für immer aus dem Landtag aus. Die Linke muss aktuell sogar um den Wiedereinzug zittern. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wiederum könnte neu in den Brandenburger Landtag einziehen. Die SPD könnte ihre Position als stärkste Kraft verlieren, darauf deuten auch die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen hin.
Einer, der seit mehr als 20 Jahren für die SPD im Brandenburger Landtag sitzt, ist Günter Baaske. Er war Sozial- und Bildungsminister und holte regelmäßig ein Direktmandat für die SPD. Jetzt müssten Jüngere übernehmen, sagt der 66-Jährige. Sorge mache ihm das fehlende Miteinander in der Gesellschaft, aber auch im Parlament und den sozialen Medien.
"Heute hört man auf das, was TikTok sagt, was YouTube sagt und verbreitet", so Baaske. "Das ist eine vollkommen neue Situation. Und darauf muss sich auch unsere SPD-Politik einstellen."
Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr. Nach der Sommerpause beginnt der Wahlkampf für die Landtagswahl und damit der Kampf um neue Mehrheiten. Nach den Zahlen der neuesten Umfrage von infratest dimap würde die aktuelle Regierungskoalition nicht mehr auf eine Mehrheit kommen, die für eine Regierungsbildung reicht. Einfacher wird es also sicher nicht.