Kritische Infrastruktur Mit Zaun und Notstrom gegen Angriffe und Katastrophen
Wer Kraftwerke, Verkehrswege, Wasserleitungen und Krankenhäuser betreibt, soll verpflichtet werden, auch für die Sicherheit der Anlagen zu sorgen. Das Bundesinnenministerium hat dazu jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Klima-Demonstranten blockierten vergangene Woche die Rollfelder an zwei Flughäfen und legten dort den Flugverkehr lahm. Sie hatten ein Loch in den Außenzaun geschnitten und waren so auf das Gelände gedrungen. Um so etwas künftig zu verhindern, soll es gesetzliche Vorgaben zum Schutz der kritischen Infrastruktur geben. Entsprechende Vorschläge des Bundesinnenministeriums werden nun innerhalb der Bundesregierung beraten. Einige Punkte sind noch offen.
Betreiber kritischer Infrastruktur sollen verpflichtet werden, einen bestimmten Mindeststandard beim Schutz ihrer Anlagen zu garantieren. Betroffen sind davon neben Flughafen-Betreibern unter anderem auch Betreiber großer Wasserwerke oder Stromversorger.
Insgesamt zählen nach dem Gesetzentwurf elf Sektoren zur kritischen Infrastruktur: Energie, Transport und Verkehr, Finanz- und Versicherungswesen, öffentliche Verwaltung, Gesundheit, Ernährung, Trinkwasser, Abwasser, Siedlungsabfallentsorgung, Informationstechnik, Telekommunikation und Weltraum. Ein Ausfall in diesen Bereichen kann weitreichende Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft haben.
Schutz vor physischen Gefahren
Regeln zum Schutz kritischer Infrastruktur im IT-Bereich gibt es bereits - nun soll der Schutz auf physische Gefahren ausgeweitet werden. Auch hier gibt es schon Vorschriften wie beispielsweise die Trinkwasserverordnung. Sie sollen nun durch eine bundesweit einheitliche, sektorübergreifende Regelung ergänzt werden. Denn wenn der Strom ausfällt, ist davon auch die Trinkwasserversorgung betroffen. Wenn der Verkehr stillsteht, können Lieferketten durcheinandergeraten.
Es geht dabei etwa um den Schutz der kritischen Infrastruktur vor Sabotage, Anschlägen und Kriegen, aber auch vor den Folgen von Naturkatastrophen wie Starkregen und Hochwasser oder einer Pandemie. Die betroffenen Unternehmen sollen unter anderem Pläne vorlegen, wie sie Vorfälle verhindern und abwehren wollen - aber auch, wie sie den Betrieb wieder zum Laufen bringen wollen, wenn doch etwas passiert ist.
Wie die Schutzmaßnahmen genau aussehen müssen, soll nicht gesetzlich festgelegt werden. Die Entscheidung liegt zunächst bei den Unternehmen. Der Gesetzentwurf listet lediglich Möglichkeiten auf - etwa Zäune, Zugangskontrollen, Notstromversorgung, die Ermittlung alternativer Lieferketten und eine entsprechende Schulung des Personals.
Wesentlich für die Gesamtversorgung
Welche Anlagen konkret unter die Regelungen fallen, soll per Rechtsverordnung festgelegt werden. Zwei Kriterien müssen dabei erfüllt sein: Eine Einrichtung muss wesentlich für die Gesamtversorgung in Deutschland sein und bei der Zahl der versorgten Menschen einen bestimmten Schwellenwert erreichen.
Im Bereich der IT-Sicherheit zählt etwa ein Krankenhaus zur kritischen Infrastruktur, wenn es pro Jahr 30.000 vollstationäre Fälle hat, ein Flughafen bei einem Passagieraufkommen von 20 Millionen pro Jahr und eine Kanalisation bei 500.000 angeschlossenen Einwohnern.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe soll bei der Kontrolle der Verpflichtungen eine koordinierende Rolle spielen. Daneben soll aber die Zuständigkeit des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für den Schutz von Gefahren im IT-Bereich bestehen bleiben. Geplant ist ein gemeinsames Portal der beiden Behörden, bei dem die Unternehmen online Störungen melden müssen.
Einige Punkte noch unklar
Noch unklar ist die Höhe möglicher Bußgelder, wenn ein Unternehmen seinen Pflichten nicht nachkommt. Bevor es überhaupt zu einem Bußgeld kommt, soll das BBK zunächst mit dem Unternehmen in Kontakt treten und nach einer Lösung suchen. Unklar ist auch noch, welche Kosten durch die neuen Regeln auf die Wirtschaft zukommen werden.
Außerdem sollen noch Vorgaben zum "Einsatz kritischer Komponenten" formuliert werden. Dabei geht es um Bauteile und Produkte, bei denen Störungen oder mangelnde Verfügbarkeit zu erheblichen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastruktur oder gar zu Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit führen können - etwa Teile im Mobilfunknetz.
All das muss nun in der Abstimmung mit den anderen Bundesministerien besprochen werden. Im Laufe des Jahres soll das Kabinett einen Entwurf beschließen, der dann vom Bundestag beraten werden kann. Geplant ist, dass die Pflichten für die Unternehmen ab 2026 greifen.