Ausgaben um 12 Prozent gestiegen Kommunen erstmals seit 2011 wieder im Defizit
Höhere Sozialausgaben und mehr Personalkosten: Die Gemeinden haben im vergangenen Jahr ein Defizit von 6,8 Milliarden Euro verbucht. Der Städte- und Gemeindebund spricht von einer "katastrophalen Entwicklung".
Die Kommunen in Deutschland haben im vergangenen Jahr erstmals seit 2011 wieder rote Zahlen geschrieben. Gemeinden und Gemeindeverbände ohne Stadtstaaten verbuchten ein Defizit in Höhe von 6,8 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Einnahmen in Höhe von 358,1 Milliarden Euro standen 2023 demnach Ausgaben von 364,9 Milliarden Euro gegenüber.
In den Jahren von 2012 bis 2022 hatten sich durch eigene Steuereinnahmen und Zuweisungen von Bund und Ländern stets Finanzierungsüberschüsse ergeben. Die Zuweisungen wurden zudem während der Corona-Pandemie zeitweilig zur Unterstützung der Kommunen erhöht. Im Jahr 2022 belief sich der Überschuss noch auf 2,6 Milliarden Euro.
Höhere Sozialausgaben
Innerhalb eines Jahres stiegen die kommunalen Ausgaben den Angaben zufolge sehr stark um zwölf Prozent (39,2 Milliarden Euro). Kostentreiber waren nach Angaben der Statistiker vor allem die Sozialausgaben - sie stiegen um 11,7 Prozent auf 76 Milliarden Euro. Unter anderem waren die Regelsätze für das Bürgergeld und für die Sozialhilfe zum 1. Januar 2023 erhöht worden. Zu dem Anstieg habe auch beigetragen, dass Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Bürgergeld beziehen können - wobei im Gegenzug die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 7,9 Prozent niedriger ausgefallen seien als im Vorjahr.
Neben den Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen auch andere bedeutsame Ausgabearten kräftig: In den Kernhaushalten stiegen die Personalausgaben um 7,4 Prozent auf 80,9 Milliarden Euro, was vor allem auf den Tarifabschluss 2023 im öffentlichen Dienst zurückzuführen sei - insbesondere auf die Sonderzahlung zum Inflationsausgleich.
Plus aus Gewerbesteuer reicht nicht
Auch auf der Einnahmenseite gab es ein deutliches Plus um neun Prozent, 29,7 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr - doch diese hätten den Anstieg auf der Ausgabenseite nicht ausgleichen können, erklärten die Statistiker. So stiegen etwa die Steuereinnahmen um 7,3 Prozent auf 130,3 Milliarden Euro. Dabei legten besonders die Gewerbesteuereinnahmen stärker zu als erwartet - um durchschnittlich 9,5 Prozent.
Rheinland-Pfalz bildet hier allerdings eine Ausnahme. Dort gingen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr netto um 26,9 Prozent zurück, was auf den Umsatzeinbruch beim Impfstoffhersteller BioNTech nach der Coronapandemie zurückzuführen ist.
Städte- und Gemeindebund: "Katastrophale Entwicklung"
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht von einer absehbaren, aber dennoch "katastrophalen Entwicklung". In den letzten Jahren sei die Lage der Kommunen durch die Unterstützungen von Bund und Ländern in der Coronapandemie noch nicht so sichtbar gewesen, sagte Sprecherin Janina Salden gegenüber tagesschau.de. "Insofern ist die defizitäre Lage nicht ganz neu und die Zahlen überraschen nicht."
Bund und Länder müssten gegensteuern und "nicht immer neue Gesetze beschließen, die Umsetzungskosten auf kommunaler Ebene erforderlich machen, wenn es gleichzeitig keine ausreichende kommunale Finanzausstattung gibt". Salden forderte "eine Art Stoppschild oder ein Moratorium", um den "Kreislauf" von neuen Leistungsversprechungen und damit verbundenen Ausgaben zu beenden.
Hinzu kämen neue Posten wie das Wachstumschancengesetz, das Städte und Kommunen zwar nicht ablehnten, das den kommunalen Steueranteil aber zusätzlich reduziere. Die Kommunen bräuchten Handlungsspielräume auch für andere Bereiche wie Infrastruktur.