Rheinsberg: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (l-r, SPD), Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Innenministerkonferenz.

Innenministerkonferenz Uneins bei Migration - einig beim "Sicherheitspaket"

Stand: 06.12.2024 14:49 Uhr

Im Streit über die Zurückweisung von Flüchtlingen bleiben die Innenminister gespalten: Auf ihrer Konferenz gab es keine Einigung. Ganz im Gegensatz zum "Sicherheitspaket": Für die Sicherheitsbehörden soll es mehr Befugnisse geben.

Die Innenminister von Bund und Ländern konnten im Streit über Zurückweisungen von Flüchtlingen an deutschen Grenzen ihre Differenzen nicht überwinden. Man habe nicht zu einem einvernehmlichen Beschluss gelangen können, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen, nach den Beratungen im brandenburgischen Rheinsberg. Die Unterschiede seien "noch nicht überwindbar", ergänzte der CDU-Politiker.

Noch am Donnerstag hatte Stübgen festgestellt, dass es diese Unterschiede beim Themenkomplex Asyl- und Migrationspolitik zwischen den SPD- und den unionsregierten Ländern gibt. Die SPD-Länder seien nicht bereit, die wesentlichen Forderungen der Union mitzutragen, hatte er betont. Das betreffe etwa die CDU-Forderung nach der Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer sowie nach möglichen Zurückweisungen an deutschen Grenzen

"Es muss an der deutschen Grenze auch zurückgewiesen werden", forderte Stübgen nun erneut. Zurückweisungen werden derzeit praktiziert, wenn Einreisende etwa kein Visum haben, sind europarechtlich aber nicht ohne Weiteres möglich, wenn die Betroffenen um Schutz bitten. Die Bundesregierung lehnt sie deswegen ab.

Faeser will Grenzkontrollen verlängern

Die Grenzkontrollen sollen über den März nächsten Jahres hinaus verlängert werden. Das kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser an. Die Kontrollen aller Außengrenzen hätten sich bewährt, betonte die SPD-Politikerin. Die Zahl der Asylgesuche sei zurückgegangen. Zugleich seien 37.000 Personen an den Grenzen abgewiesen und 1.600 Schleuser festgenommen worden.

Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuletzt mitteilte, wurden in Deutschland im Zeitraum vom Januar bis November 2024 fast 30 Prozent weniger Asylanträge gestellt als noch im gleichen Zeitraum im Jahr zuvor.

Einig sind sich die Innenminister von Bund und Ländern hingegen dabei, dass straffällig gewordene Asylbewerber auch weiterhin nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden sollten. Faeser sagte, es werde daran gearbeitet, dass es weitere Abschiebungen nach Afghanistan geben werde. Auch die Bemühungen, Straftäter nach Syrien abzuschieben, würden fortgesetzt, sagte die Ministerin. Allerdings machten die aktuellen Entwicklungen in dem Land die Sache nicht leichter.

Kompromiss beim "Sicherheitspaket"

Einigkeit gab es zudem beim in Teilen noch offenen "Sicherheitspaket": Hier wurden laut CDU-Politiker Stübgen letzte Streitpunkte ausgeräumt. Damit sei der Weg frei für eine Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Der Bundestag hatte das Paket am 18. Oktober insgesamt verabschiedet, der Bundesrat hatte daraufhin den Teil der Stärkung der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen der Terrorismus an den Vermittlungsausschuss verwiesen, da die unionsgeführten Länder auf ein schärferes Vorgehen bestanden.

Reul: "Haben große Chance genutzt"

Faeser begrüßte, dass das "Sicherheitspaket" nun noch in der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen werden könne. "Wir waren uns bei dieser Innenministerkonferenz einig, welche neuen Befugnisse unsere Sicherheitsbehörden angesichts der aktuellen Bedrohungen brauchen", erklärte die SPD-Politikerin. "Wir müssen Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger mit KI-basierter Gesichts- oder Stimmerkennung identifizieren können. Außerdem brauchen wir eine rechtssichere Speicherpflicht für IP-Adressen." Letzteres hatte die FDP in der geplatzten Ampel-Regierung noch blockiert.

"Wir haben eine große Chance genutzt, unseren Sicherheitsbehörden ein notwendiges Update zu verpassen", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister, Herbert Reul. "Jetzt brauchen wir Tempo."

Der Beschluss sieht unter anderem vor, Sicherheitsbehörden die Speicherung von IP-Adressen und Verkehrsdaten mit einer "angemessenen Mindestspeicherfrist" zu erlauben. Zudem soll ein nachträglicher biometrischer Abgleich von Daten mit im Internet frei zugänglichen Bild- und Audiodateien einfacher möglich werden. Dafür solle der Bund die Rechtsgrundlagen im Bundespolizeigesetz, dem Bundeskriminalamtsgesetz und in der Strafprozessordnung schaffen.

Überdies fordern die Innenminister den Bund dazu auf, verfassungs- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in Echtzeit zu klären. Dann dürften Ermittler Bilder aus Videoüberwachung im öffentlichen Raum unmittelbar mit Fahndungsdateien abgleichen. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 06. Dezember 2024 um 15:02 Uhr.