Fraktionsgeschäftsführer Frei Union will Individualrecht auf Asyl abschaffen
Der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Frei, will das Individualrecht auf Asyl durch eine neue Regelung ersetzen. Er schlägt ein EU-weites Kontingent vor. Vertreter aller Regierungsparteien reagierten sofort ablehnend.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), plädiert dafür, das Individualrecht auf Asyl in der Europäischen Union abzuschaffen. Stattdessen solle es künftig eine "Institutsgarantie" geben, in deren Rahmen die EU jährlich ein Kontingent von 300.000 bis 400.000 Schutzbedürftigen direkt aus dem Ausland aufnehmen und auf die Mitgliedstaaten verteilen könnte, schrieb Frei in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Eine Antragstellung auf europäischem Boden wäre so nicht mehr möglich und der Bezug von Sozialleistungen "umfassend ausgeschlossen".
Die bisherige Praxis in Europa, die auf dem individuellen Asylrecht basiere, sei "zutiefst inhuman" und gefährde die Gesellschaften, begründete Frei seine Forderung. Theoretisch hätten 35 Millionen Afghanen das Recht, in Deutschland aufgenommen zu werden, schrieb der CDU-Politiker. "Damit möglichst wenig Menschen ihr Recht in Anspruch nehmen, knüpfen wir es an die Voraussetzung eines Antrages auf europäischem Boden." Diese Auswahl sei inhuman, da so das "Recht des Stärkeren" gelte, argumentierte Frei: "Wer zu alt, zu schwach, zu arm oder zu krank ist, ist chancenlos."
Da es kaum gelinge, zwischen Schutzbedürftigen und Wirtschaftsmigranten zu unterscheiden, gefährde diese Politik auch die Gesellschaften Europas. "Selbst in den skandinavischen Staaten ist in den letzten Jahren nach überwiegender Auffassung der Bevölkerung die Belastungsgrenze überschritten worden", so Frei.
Antragsrecht für Bürger aus Nachbarstaaten
Deshalb müsse Europa sein Asylrecht neu gründen. Aus dem Individualrecht auf Asyl müsse eine Institutsgarantie werden. "Mit einem solchen Asylrecht könnte Europa sich nicht nur an die Schwächsten wenden, sondern sehr genau dort helfen, wo Staaten durch große Flüchtlingsströme destabilisiert werden", erläuterte der CDU-Politiker.
"Realitätsfremd" und "unseriös"
In der Regierungskoalition löste der Vorschlag Irritationen und Kritik aus. "Der Vorschlag von Thorsten Frei ist realitätsfremd und geht ins Leere, da er illegale Migration nicht stoppen wird", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Besser sei eine nachhaltige Bekämpfung von Fluchtursachen. Wiese bezeichnete das individuelle Recht auf Asyl als "eine wichtige humanitäre Errungenschaft, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes aus gutem Grund nach dem Zweiten Weltkrieg dort installiert haben".
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bezeichnete Freis Vorstoß im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als "unseriös".
Nouripour will Kommunen besser helfen
"Warum es unmenschlich sein soll, dass jemand erstmal vorträgt, warum er Schutz braucht, das geht mir nicht in den Kopf", sagte der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bei RTL/ntv. Man müsse sich auf die Unterstützung der Kommunen bei der dauerhaften Versorgung und Integrationsarbeit konzentrieren.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich irritiert. "Offensichtlich sind wir schon im Sommerloch", antwortete die Grünen-Politikerin am Rande ihrer Sommertour, als ein Journalist sie darauf ansprach.