Stichwahl in Frankfurt Duell der Etablierten
Heute wird in einer Stichwahl entschieden, wer neuer Frankfurter Oberbürgermeister wird. Mit Uwe Becker und Mike Josef treffen zwei gestandene Lokalpolitiker aufeinander.
Egal, wie die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt am Sonntag ausgeht, für eine Sache haben sich die Frankfurter Wählerinnen und Wähler bereits entschieden: Verlässlichkeit.
Denn im Duell um das höchste politische Amt der Stadt treffen mit Uwe Becker (CDU) und Mike Josef (SPD) zwei Kontrahenten aufeinander, die in Frankfurt nicht erst bekannt sind, seit ihre Gesichter den Bürgerinnen und Bürgern von Tausenden von Wahlplakaten entgegen lächeln. Becker gehörte bis 2021 fast 15 Jahre lang ununterbrochen dem Magistrat an, verwaltete jahrelang als Kämmerer die Finanzen der fünftgrößten Kommune Deutschlands. Josef wiederum ist seit 2016 Dezernent für Planung und Wohnen.
Wunsch nach Normalität
Zwei etablierte Kommunalpolitiker also. Keine Experimente im Frankfurter Römer. Nachdem die Korruptionsaffäre um den im November 2022 abgewählten Oberbürgermeister Peter Feldmann die Stadt jahrelang in Aufruhr versetzte, scheint bei den Wählerinnen und Wählern der Wunsch nach Normalität und Kontinuität obsiegt zu haben.
Dabei hätten sie durchaus ein andere Wahl gehabt. Nicht weniger als 20 Namen standen beim ersten Wahlgang Anfang März auf dem Stimmzettel. Neben den Kandidatinnen und Kandidaten der etablierten Parteien auch seriöse Politik-Quereinsteiger und stadtbekannte Exzentriker.
Ein geschasster Ex-Bürgermeister und ein buntes Bewerberfeld - eigentlich die passenden Zutaten für einen knalligen Wahlkampf. Doch großspurige Auftritte und Schlammschlachten waren am Main nicht angesagt. Die Themen Wohnen, Sicherheit, Klima und Verkehr beherrschten den sachlich-gedämpften Wahlkampf. Wobei sich zeigte, dass zumindest die drei größten Parteien - Grüne, CDU und SPD - in ihren Zielen nicht sonderlich weit auseinanderliegen. Gleiches lässt sich von den Stichwahlkandidaten sagen.
Suche nach bezahlbarem Wohnraum
Bezahlbarer Wohnraum, Klimaneutralität und neue Verkehrskonzepte: Die Schwerpunktthemen sind bei Becker und Josef im Wesentlichen deckungsgleich. Gestritten wird weniger über Ziele als über den Weg dahin.
So setzt SPD-Kandidat Josef etwa beim Thema Wohnungsbau auf ein großangelegtes Neubauprojekt im Nordwesten der Stadt, wo auf bislang unbebautem Gebiet ein neuer Stadtteil entstehen soll. Das von Kritikern als "Trabantenstadt" geschmähte Vorhaben soll 7000 neue Wohnungen schaffen und so den chronisch angespannten Frankfurter Mietmarkt entlasten.
CDU-Kandidat Becker hingegen lehnt das Großprojekt ab. Er setzt stattdessen auf Nachverdichtung in den bereits bestehenden Stadtteilen.
Thema Verkehr könnte die Wahl entscheiden
Größere Reibungspunkte hingegen gibt es beim Thema Verkehr. Sowohl Becker als auch Josef sprechen sich grundsätzlich für eine "Mobilitätswende" zugunsten klimafreundlicher Verkehrsträger aus. Doch während Josef unmissverständlich deutlich macht, dass dies nur auf Kosten des Autoverkehrs umsetzbar ist, will CDU-Mann Becker das Auto "nicht aus der Stadt vertreiben".
Das Verkehrsthema könnte durchaus entscheidend sein. Denn obwohl Becker in der ersten Runde mit 34,5 Prozent klar vor dem Zweitplatzierten Josef (24 Prozent) landete, geht er nicht als Favorit ins Rennen. Beide Kandidaten müssen um die Wählerschaft der Grünen werben, deren Kandidatin Manuela Rottmann mit 21,3 Prozent nur knapp den Einzug in die Stichwahl verpasste.
Wen wählen die Grünen-Anhänger?
Dass die Grünen-Wählerinnen und -Wähler gerade beim Thema Verkehr Josef näher stehen als Becker, gilt als ausgemacht. Zumal Becker im Falle eines Wahlsiegs angekündigt hat, den Grünen im Magistrat die Zuständigkeit für das Verkehrsdezernat zu entziehen. Die Grünen-Fraktion im Römer hat daher schon zur Wahl von Mike Josef aufgerufen.
Dem Ruf an die Wahlurnen muss die Wählerschaft aber erst einmal folgen. Sollte sich ein nicht unwesentlicher Teil der Grünen-Wähler entscheiden, diesmal lieber zu Hause zu bleiben, wäre dies vermutlich ein Nachteil für Josef.
Becker wiederum, der wahrscheinlich mit nur wenigen "Überläufern" von den Grünen rechnen kann, muss alles daran setzen, dass alle, die ihn theoretisch gern als Oberbürgermeister sehen wollen, auch ganz praktisch den Weg zum Wahllokal finden.
Beide Kandidaten sind darauf angewiesen, dass möglichst viele Stammwähler ihrer Partei am Sonntag ihre Stimme abgeben. Luft nach oben ist jedenfalls: In der ersten Wahlrunde lag die Wahlbeteiligung bei knapp 40 Prozent.