Landwirtschaft Lemke und Özdemir geben Druck von Bauern nach
Deutsche Landwirte müssen sich erneut nicht an die Regeln zur Flächenstilllegung halten. Umweltministerin Lemke und Landwirtschaftsminister Özdemir wollten dafür einen Ausgleich - sind aber am Widerstand von FDP und Bauern gescheitert.
Es ist eine faustdicke Niederlage für Steffi Lemke und Cem Özdemir. Eigentlich hatten die Bundesumweltministerin und der Bundeslandwirtschaftsminister eine Anpassung bei den EU-Agrarfördermitteln als Grundbedingung dafür gemacht, dass die Bauern auch in diesem Jahr von den Regeln zur Flächenstilllegung abweichen dürfen.
Damit wollten die beiden grünen Minister die ökologische Landwirtschaft stärken. Doch mit ihrem Plan sind sie vor allem am Widerstand der FDP innerhalb der Bundesregierung zumindest vorerst gescheitert.
Um Fördermittel von der EU zu erhalten, müssen Landwirte bestimmte Auflagen erfüllen. Eine davon ist, dass sie vier Prozent ihrer Ackerfläche nicht bewirtschaften dürfen. Wegen der anhaltend hohen Energiepreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und Umsatzeinbußen infolge von Extremwetterereignissen im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission nun vorgeschlagen, diese Regel zur Flächenstilllegung erneut auszusetzen.
Umweltverbände fordern Ausgleich
Umweltverbände kritisieren diesen Schritt und verweisen auf die Bedeutung der Brachflächen für die Artenvielfalt. Laut WWF sind sie für Tiere und Pflanzen oft der "letzte Rückzugsort in sonst weit ausgeräumten Landschaften". Ausgleichsmaßnahmen seien daher dringend notwendig.
Die EU-Kommission hat bereits im vergangenen Jahr eine Ausnahme von der Pflicht zur Flächenstilllegung ermöglicht. Jedoch war die Begründung da noch eine andere. Die EU-Kommission wollte Ertragsausfälle in der Ukraine etwa bei Weizen kompensieren.
Ein Ziel, das womöglich verfehlt wurde. Erste Zahlen aus Deutschland weisen zumindest darauf hin, dass die Anbaufläche für Getreide 2023 im Vergleich zum Vorjahr trotzdem zurückging. Stattdessen wurde unter anderem mehr Futtermais angebaut, der etwa in der Schweinemast genutzt wird.
Die Kritik von Umweltverbänden lautet deshalb: Das Aussetzen der Flächenstilllegung werde zum Persilschein für die Bauern.
Damit in diesem Jahr Umwelt und Artenvielfalt nicht erneut die Leidtragenden sind, wollten Lemke und Özdemir im Bereich der EU-Agrarförderung gegensteuern. Ihr Plan: Die Ökoprämie sollte um fünf Prozent erhöht werden. Dadurch wäre die Basisprämie um 13 Euro je Hektar gesunken. Die Bauern hätten also weniger Geld pauschal für ihre Fläche bekommen und hätten ökologischer wirtschaften müssen.
FDP und Bauernverband gegen neue Auflagen
Widerstand dagegen gab es nicht nur von der FDP. Auch der Deutsche Bauernverband pochte auf eine Eins-zu-Eins-Umsetzung des Vorschlags der EU-Kommission - ohne weitere Änderungen bei den Förderrichtlinien. Das Argument: Durch neue Auflagen würde eine "weitere Benachteiligung und damit Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit" gegenüber anderen europäischen Landwirten drohen.
Am Ende haben sich Landwirte und Liberale durchgesetzt. Wohl auch, weil im Kanzleramt die Sorge vor weiteren Bauernprotesten groß ist.
Stattdessen wird Özdemir nun nach eigenen Worten "sehr zeitnah" Landwirtschaftsverbände und Umweltverbände einladen, um Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherung der Artenvielfalt zu beraten. Das Rad müsse dafür nicht neu erfunden werden, die Vorschläge lägen auf dem Tisch, so der Minister. Die Frage ist jedoch: Ob er mit dieser Extrarunde jene überzeugen wird, die zuvor die Vorschläge schon abgelehnt hatten.