Frankfurts Oberbürgermeister Muss Feldmann gehen?
In einem ungewöhnlichen Bürgerentscheid stimmen die Menschen in Frankfurt heute über die politische Zukunft ihres Oberbürgermeisters ab. Die Hürden für die Abwahl von Peter Feldmann sind hoch.
Der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main hat schwierige Wochen hinter sich. Seit Oktober muss sich SPD-Politiker Peter Feldmann vor dem Landgericht der Mainmetropole wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme verantworten. Heute stimmen die Wahlberechtigten in Deutschlands fünftgrößter Stadt in einem Bürgerentscheid darüber ab, ob der 64-Jährige im Amt bleiben darf.
Feldmann gilt erst dann als abgewählt, wenn sich 30 Prozent der Wahlberechtigten gegen ihn entscheiden. Bei rund 513.000 Stimmberechtigten müssten etwas mehr als 153.000 Frankfurterinnen und Frankfurter folgende Frage mit Ja beantworten:
Stimmen Sie für die Abwahl des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main, Herrn Peter Feldmann?
Ob die zur Abwahl aufrufenden Parteien genügend Wähler mobilisieren können, ist die große Unbekannte bei diesem Bürgerentscheid. Dass diese Hürde sehr hoch ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: So hatten an der Stichwahl und Feldmanns Wiederwahl 2018 insgesamt nur 30,2 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen.
Verdacht der Vorteilsannahme
Feldmann steht seit Wochen massiv unter Druck. Mitten in die heiße Phase des Kampfes um seine politische Zukunft fiel der Prozessbeginn gegen ihn wegen des Vorwurfs der Korruption. Der OB ist wegen des Verdachts der Vorteilsannahme angeklagt. Dabei geht es um seine engen Beziehungen zur Arbeiterwohlfahrt (AWO) und das Zustandekommen des Arbeitsvertrags seiner Frau als Leiterin einer AWO-Kita. Feldmann bestreitet alle Vorwürfe.
Am Montag erschien er nicht zum Verhandlungstermin. Seine Anwälte legten ein Attest vor, nach dem er wegen eines "psychischen Ausnahmezustands" nicht verhandlungsfähig sei. Am Dienstag wurde bekannt, dass der 64-Jährige positiv auf Corona getestet wurde. Der nächste Verhandlungstag ist für den 9. November angesetzt, ein Urteil wird noch im November erwartet.
Peinliche Auftritte
Zu den Korruptionsvorwürfen gegen Feldmann gesellt sich eine ganze Reihe peinlicher Fehltritte. So hielt er beim Flug ins spanische Sevilla zum Finale des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt in der Europa League im Mai eine Ansprache - festgehalten auf Video, das später in den sozialen Netzwerken viral ging. Feldmann sprach davon, dass ihn die Flugbegleiterinnen "hormonell am Anfang erst mal außer Gefecht gesetzt" hätten. Die Empörung über die sexistische Äußerung war groß.
Beim anschließenden Empfang der Europapokalsieger von Eintracht Frankfurt im Römer riss Feldmann dem deutlich irritierten Eintracht-Kapitän Sebastian Rode und Trainer Oliver Glasner den Pokal förmlich aus der Hand, um sich selbst damit zu präsentieren. Dafür erntete er reichlich Spott. Bei der späteren Dankesrede sprach er Spielernamen falsch aus und dann die Krönung: Vor die jubelnde Menge, die vor dem Balkon des Römers wartete, durften nur er und die Mannschaft treten - Klub-Funktionäre nicht, das soll Feldmann zuvor veranlasst haben. Die Eintracht-Führung erklärte Feldmann anschließend zur unerwünschten Person im Stadion.
Neue Empörungswellen schlug kürzlich eine von seinem Verteidiger verlesene Erklärung. Um seine Argumentation zu stützen, legte Feldmann dar, dass er seine Frau nur wegen einer ungeplanten Schwangerschaft geheiratet habe und er eigentlich eine Abtreibung der heute sechsjährigen Tochter gewollt habe. Einen Tag nach dieser Aussage entschuldigte sich der Bürgermeister auf Facebook öffentlich bei seiner kleinen Tochter. Auch für andere Fehltritte entschuldigte er sich.
Und dann ist da noch das "Team Feldmann"
Fast alle Parteien in der Frankfurter Stadtpolitik fordern Feldmanns Rücktritt, auch seine SPD. Per Bürgerentscheid versucht eine Großstadt, ihren OB loszuwerden.
Es gibt aber auch Bürgerinnen und Bürger, die Feldmann unterstützen: Die Allianz "Team Feldmann" setzt sich für seinen Verbleib im Amt ein. Mit dabei ist der Frankfurter Rechtsanwalt Michael Marquardt. Er hält die Kampagne gegen Feldmann für irrational und politisch stillos, wie er dem Hessischen Rundfunk mitteilte. Gegen Feldmann laufe eine Hetzkampagne. Er verwies auf die "respektablen sozialpolitischen Leistungen Feldmanns", etwa die Mietpreisbremse für die Wohnungen der Nassauischen Heimstätte, das Jahresticket für Schüler und Senioren, sowie die gebührenfreie Kita.
Wie das ungewöhnliche Verfahren ausgehen wird, ist offen. Sollte Feldmann das Bürgervotum verlieren, wäre er mit Ablauf des 11. November nicht mehr im Amt. Gewinnt er, will er bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2024 bleiben.