Regeln für Cannabis im Straßenverkehr "Verbot durch die Hintertür"
Nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis fehlt es weiter an klaren Regelungen für den Straßenverkehr. Ein Papier aus dem Bundesverkehrsministerium sieht nun klare Regeln vor. Einigen sind diese zu streng.
Wie soll Cannabis-Konsum im Straßenverkehr geregelt werden? Aus dem Bundesverkehrsministerium haben die Ampelfraktionen dafür eine sogenannte Formulierungshilfe bekommen, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt - an der es nun Kritik aus den Reihen der Grünen gibt.
Der Anstoß der Kritik: Vorgesehen ist ein Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC - entsprechend der Empfehlung einer Expertenkommission. Die hatte Ende März einen Grenzwert von 3,5 ng/ml Blutserum empfohlen. Für Fahranfänger sind noch strengere Regeln geplant. Konkret heißt in der Formulierungshilfe: "Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig in der Probezeit nach §2a oder vor Vollendung des 21. Lebensjahres als Führer eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr (…) die Substanz Tetrahydrocannabinol zu sich nimmt oder (…) die Fahrt antritt, obwohl er unter der Wirkung (…) der Substanz Tetrahydrocannabinol steht."
Weil der Cannabis-Wirkstoff im Blut deutlich länger nachgewiesen werden kann, käme das einem kompletten Cannabis-Konsum-Verbot für alle Fahranfänger und Menschen unter 21 Jahren gleich, die zumindest gelegentlich Autofahren wollen.
Deutliche Kritik der Grünen
Die Grünen kritisieren die Pläne nun massiv. Sie sprechen von einem "Verbot durch die Hintertür". Die Abgeordnete Swantje Michaelsen sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Der von der Expertenkommission vorgeschlagene Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum ist ein sehr strenger Wert. Er entspricht mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit von Ausfallerscheinungen etwa 0,2 Promille beim Alkohol und damit der Regelung, die laut Rechtsprechung beim Alkohol für Fahranfänger gilt. Aus diesem Grund braucht es keine Sonderregelung für Fahranfänger*innen."
Ähnlich sieht das der deutsche Hanfverband. Geschäftsführer Georg Wurth sieht aber noch Konkretisierungsbedarf. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte Wurth, es bleibe zunächst unklar, welche Abstände Fahranfänger zwischen Konsum und Fahren einhalten müssten, falls das Gesetz so in Kraft treten würde. In der Formulierungshilfe werde nicht weiter definiert, ab wann davon auszugehen sei, "ob die Betroffenen unter der Wirkung von THC stehen". Im Zweifelsfall müssten sich damit letztlich Gerichte auseinandersetzen.
Verkehrsministerium: Ein konservativer Ansatz
Der ADAC hingegen begrüßt den Entwurf aus dem Bundesverkehrsministerium. Unternehmenssprecher Andreas Hölzel sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, entscheidend für die Verkehrssicherheit sei, dass zwischen dem Konsum und der Fahrt ausreichend zeitlicher Abstand eingehalten werde. Ein niedrigerer Grenzwert würde deshalb "den Konsum von Cannabis stark einschränken." Für den ADAC gelte aber generell, "wer fährt, kifft nicht".
Das Bundesverkehrsministerium selbst spricht von einem konservativen Ansatz, den die Experten der Arbeitsgruppe gewählt hätten. Dieser werde nun im Bundestag im parlamentarischen Verfahren behandelt. Der parlamentarische Staatsekretär Oliver Luksic sagte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio: "Bis dies und die darauffolgende Anpassung im Straßenverkehrsgesetz abgeschlossen ist, gilt dabei weiter die bestehende Rechtsprechung."