Nach EuGH-Urteilen Bundesregierung will Familiennachzug erleichtern
Deutschland hat auf den Druck des Europäischen Gerichtshofs reagiert: Anträge auf Familienzusammenführung sollen laut Berichten schneller bearbeitet werden. Behörden sind angewiesen, Visumsanträge von Jugendlichen schneller zu behandeln.
Die Bundesregierung will den Nachzug von Kindern, Jugendlichen und Eltern auf der Flucht erleichtert. Damit sollen die Vorgaben mehrerer Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Familienzusammenführung "möglichst schnell" umgesetzt werden.
Das Auswärtige Amt habe seine Auslandsvertretungen Anfang September angewiesen, "bislang ruhendgestellte Anträge zum Elternnachzug im Rahmen des Möglichen prioritär abzuarbeiten", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion. So solle die "ohnehin lange Bearbeitungszeit" nicht noch weiter verlängert werden. Darüber berichteten zuerst die Zeitungen der Funke-Mediengruppe, der Text liegt auch der Nachrichtenagentur dpa vor.
Bearbeitung soll ausgeweitet werden
Es werde "derzeit ein eigenes Referat zum Familiennachzug" im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) eingerichtet, "um die Bearbeitung des Familiennachzugs zu Schutzberechtigten auszuweiten", hieß es weiter.
Anfang August hatte der EuGH die Praxis der deutschen Behörden bei der Familienzusammenführung als rechtswidrig kritisiert. Demnach dürfen minderjährige unbegleitete Geflüchtete unter bestimmten Voraussetzungen ihre Familien auch dann nach Deutschland nachholen, wenn sie während des Verfahrens volljährig werden. Dasselbe gilt für volljährig gewordene Kinder oder Jugendliche, die zu ihren als Flüchtlinge anerkannten Eltern in Deutschland nachziehen möchten.
In nun durch das Gericht "eindeutig" geklärten Fällen wolle das Außenamt "die bisher streitigen Visa erteilen". An den Auslandsvertretungen seien rund 330 Verwaltungsverfahren anhängig, für deren Ausgang die Rechtssprechung relevant sei. "Dasselbe gilt für weitere rund 250 Streitverfahren, die bei der Justiz anhängig sind." Zu "noch bestehenden Rechtsfragen über die Auslegung und Umsetzung der EuGH-Entscheidungen" befinde sich die Bundesregierung "aktuell noch im Austausch".
Asylverfahren dauern acht Monate
Im Schnitt bearbeiten Behörden den Angaben zufolge mehr als acht Monate lang Asylverfahren von minderjährigen und unbegleiteten Geflohenen. Stellen diese jungen Menschen einen Asylantrag, sind sie im Schnitt gut 15 Jahre alt. Seit 2018 wurden mehr als 15.000 zunächst abgelehnten Minderjährigen vor Gericht doch noch Schutz in Deutschland gewährt.
Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger, begrüßte die nun eingeleiteten Schritte der Regierung. Allerdings sei der bereits angerichtete Schaden durch "die jahrelange Verweigerungshaltung der Bundesregierung" immens, sagte sie den Funke-Zeitungen. "Schutzbedürftige unbegleitete Flüchtlingskinder wurden von ihren Eltern rechtswidrig über Jahre hinweg getrennt, Eltern wurde der Nachzug ihrer Kinder verwehrt." Sie forderte "eine Form des Schadenersatzes oder der Entschädigung für die erlittenen Menschenrechtsverletzungen".