Einigung beim Bund-Länder-Gipfel Bund gibt eine Milliarde Euro mehr für Geflüchtete
Bund und Länder haben sich beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt nach stundenlangen Verhandlungen geeinigt: Der Bund stellt den Ländern in diesem Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für die Versorgung von Flüchtlingen bereit. Die Kommunen kritisieren das Ergebnis.
Die Ministerpräsidenten und die Vertreter der Bundesregierung haben ihr Spitzentreffen zur Flüchtlingspolitik mit einer Einigung beendet. Der Bund will den Ländern in diesem Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für die Versorgung von Flüchtlingen bereitstellen. Im November soll demnach entschieden werden, ob weitere Mittel nötig sind.
Länder und Kommunen hatten vom Bund eine stärkere und dauerhafte Beteiligung der Finanzierung der Unterbringung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden gefordert. Der Bund hatte vor Beginn des Treffens auf seine bereits geleisteten Beiträge in Milliardenhöhe verwiesen.
Scholz: "Guter Tag des deutschen Föderalismus"
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte auf der abschließenden Pressekonferenz, Zuwanderung sei und bleibe eine "große Aufgabe", Städte und Gemeinden würden dabei "Außerordentliches" leisten. Das Treffen sei "konstruktiv und gut" gewesen, sagte er nach den Beratungen im Kanzleramt. "Ich finde, das ist ein guter Tag des deutschen Föderalismus, den wir heute haben."
Konkret sollen die Kommunen mit dem zusätzlichen Milliardenbetrag weiter entlastet und die Digitalisierung der Ausländerbehörden finanziert werden.
Wüst: "Mehr war eben nicht drin"
Nach den Worten des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) ist der jetzige Beschluss für die Kommunen noch nicht ausreichend. Die Erhöhung der Flüchtlingspauschale um eine Milliarde Euro sei zwar hilfreich, für die Kommunen sei es aber nicht ausreichend, weil es nur eine Einmalzahlung sei.
"Mehr war eben nicht drin", sagte Wüst. "Das muss man heute so klar sagen." Auf die zentrale Frage nach einer dauerhaft höheren Beteiligung des Bundes hätten die Länder noch keine Antwort erhalten.
Auch für Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil sind weitere Finanzierungsfragen noch zu klären: "Die Diskussion ist eben nicht zu Ende, sondern sie wird sehr vertieft fortgesetzt werden", sagte der SPD-Politiker.
Länder wollen "atmendes System"
Bund und Länder wollen erst noch miteinander klären, wie die Finanzierung in Zukunft geregelt werden kann. Die Länder hatten vor dem Treffen ein dynamisches Finanzierungssystem gefordert, das sich automatisch steigenden Asylbewerber- und Flüchtlingszahlen anpasst. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, zu der Frage eines solchen "atmenden Systems" werde eine Arbeitsgruppe geschaffen.
In den ersten vier Monaten des Jahres wurden in Deutschland laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 101.981 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das waren 78 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Viele Kommunen sehen sich bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge an der Belastungsgrenze.
Kanzler schließt Grenzkontrollen nicht aus
Angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen schloss Scholz Grenzkontrollen zu weiteren Nachbarstaaten Deutschlands nicht aus. Es sei "wichtig, dass wir unsere eigenen Grenzen gut bewachen", sagte er. Er verwies dabei auf die bestehenden Kontrollen zu Österreich und sagte: "Wir werden lageabhängig auch bei weiteren Anrainerstaaten ähnliche Schritte ergreifen beziehungsweise die Intensivierung von Schleierfahndung vornehmen."
Die Länder Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt begrüßten in einer Protokollerklärung zu dem Beschlusspapier des Treffens "die Bereitschaft des Bundes, lageangepasste Binnengrenzkontrollen einzuführen". Sinnvoll sei "auch die Intensivierung der Schleierfahndung, wie zum Beispiel die zahlreichen Aufgriffe durch die bayerische Grenzpolizei zeigen".
Scharfe Kritik der Kommunen
Bei den Kommunen stieß das Ergebnis auf Kritik. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Landsberg, sagte der "Rheinischen Post", eine Einigung erst im November komme für das Jahr 2024 deutlich zu spät. Städtetagspräsident Lewe sprach von einem schlechten Signal an die Städte.