Hartz-IV-Nachfolge Bürgergeld nimmt erste Hürde
Kaum eine Regelung war in den vergangenen Jahrzehnten so umstritten wie Hartz IV. Nun hat das Bundeskabinett den Weg für den Nachfolger frei gemacht: Das Bürgergeld soll höhere Regelsätze und weniger Druck auf Arbeitssuchende bringen.
Das Bundeskabinett hat grünes Licht für die Einführung des Bürgergelds in Deutschland gegeben. Es soll zum 1. Januar das heutige Hartz-IV-System ablösen. Die Regelsätze der Grundsicherung sollen dabei deutlich steigen. So sollen Alleinstehende 502 Euro im Monat erhalten und Jugendliche 420 Euro. Heute erhalten Alleinstehende 449 Euro.
Weniger Druck auf Arbeitssuchende
Zudem werden Arbeitssuchende in den Jobcentern künftig weniger Druck ausgesetzt sein. Im ersten halben Jahr sollen beispielsweise keine Sanktionen verhängt werden können, wenn etwa ein Jobangebot abgelehnt wird.
Im Gesetzentwurf sind Erhöhungen für weitere Gruppen vorgesehen: Für volljährige Partner soll es danach künftig einen Regelsatz von 451 Euro geben. Für Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren sind 420 Euro vorgesehen. Für Sechs- bis 13-Jährige sind es 348 Euro, für bis zu Fünfjährige 318 Euro.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erklärte nach der Kabinettssitzung, die Menschen müssten sich auf den Staat verlassen können. Hilfebedürftigkeit könne jede und jeden treffen. "Mit der Einführung des Bürgergelds setzen wir ein starkes Signal für Sicherheit und Respekt", so der SPD-Politiker.
Wohnkosten und private Ersparnisse
Zudem sollen die Kosten für die Wohnung in den ersten beiden Jahren künftig auf jeden Fall voll übernommen werden. Auch Ersparnisse bis zu 60.000 Euro soll man in dieser Zeit behalten dürfen.
Mit dem Kabinettsbeschluss ist der Weg für die parlamentarischen Beratungen der Sozialreform frei. Die Reformen sollen 2023 rund 4,8 Milliarden Euro kosten, die zum allergrößten Teil aus dem Bundeshaushalt kommen.
Kritik von Union und Arbeitgebern
Die Arbeitgeber und die oppositionelle Union hatten die Reform scharf kritisiert. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einem falschen Signal an Bezieher kleiner Einkommen. Umstritten ist auch, dass die Sanktionen bei Verletzung der mit dem Bezug der Sozialleistungen verbundenen Auflagen abgemildert werden.
Bundesarbeitsminister Heil wies die Kritik im Deutschlandfunk zurück und verwies etwa auf den am 1. Oktober steigenden Mindestlohn. Zudem könnten auch Geringverdiener Wohngeld beziehen, sagte der SPD-Politiker. In dem Bürgergeld soll zudem eine weitere Qualifizierung belohnt werden. Im August 2022 erhielten rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.