Wahlkampf endet In Bremen ging es um Bremen
Im Wahlkampf hat sich Bremen ganz auf sich konzentriert. Es dominierten landespolitische Themen, vor allem ging es um Bildung, Verkehr und Sicherheit. Hier bot der rot-grün-rote Senat Angriffsfläche.
Es war ein enger und gleichzeitig unspektakulärer Wahlkampf, der in diesen Tagen in Bremen zu Ende geht. Die SPD um Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die CDU mit Spitzenkandidat Frank Imhoff liegen kurz vor der Wahl nah beieinander. Laut der letzten repräsentativen Umfrage von Infratest dimap aus der vergangenen Woche kommt die SPD aktuell auf 30 Prozent der Stimmen, die CDU auf 27 Prozent.
Für die Sozialdemokraten wäre dies im Vergleich zur Wahl 2019 ein ordentlicher Zugewinn. Damals rutschten sie auf historisch schlechte 24,9 Prozent ab. Erstmals wählten die Bremer die CDU zur stärksten politischen Kraft (26,7 Prozent).
"Wir haben gezeigt, dass wir Großstadtpartei sein können", sagt CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff und meint damit nicht nicht nur die Bremen-Wahl vor vier Jahren, sondern auch die Abstimmung im Februar in Berlin. In der Hauptstadt stellt die CDU nach 22 Jahren wieder den Regierenden Bürgermeister. Das würden Imhoff und die CDU nun auch gerne erstmals in Bremen schaffen.
Bildungspolitik spielt wichtige Rolle
Während bei der Landtagswahl im benachbarten Niedersachsen im vergangenen Oktober aufgrund der Energiekrise die Bundespolitik die Debatten prägte, standen im Bremer Wahlkampf landespolitische Themen im Vordergrund.
Der rot-grün-rote Senat bietet Angriffsfläche, weil die Koalition aus Sicht der Oppositopn vieles nicht umgesetzt hat. Es fehlen Kita-Plätze und die attraktivere Gestaltung der Bremer Innenstadt blieb aus. Der geplante Bau von Fahrradbrücken über die Weser verzögert sich deutlich. Vorhaben, die auch aufgrund der Corona-Pandemie und der Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine nicht realisiert wurden.
Der wunde Punkt der SPD ist seit jeher die Bildungspolitik, die im Land für Frust sorgt. Seit 78 Jahren leitet sie das Bildungsressort. Regelmäßig belegen Bremer Schülerinnen und Schüler bei Vergleichsstudien die letzten Plätze. Fast die Hälfte der Drittklässler weisen Defizite beim Lesen und Rechnen auf. Die Unternehmen beschweren sich über schlecht qualifizierte Bewerber für Ausbildungsplätze.
Hier setzte die CDU im Wahlkampf einen ihrer Schwerpunkte. Sie fordert unter anderem die Wiedereinführung des Sitzenbleibens und Schulnoten ab der dritten Klasse. Liegen Sprachprobleme vor, soll es ein verpflichtendes Vorschuljahr geben. Für angehende Lehrerinnen und Lehrer will sie mehr Studien- und Referendariatsplätze zur Verfügung stellen, um den Lehrermangel zu lindern.
Bürgermeister Bovenschulte ist beim Thema Bildung in der Defensive. Er verweist auf Investitionen, die in der Zukunft für Verbesserungen sorgen sollen. Gemutmaßt wird, dass die SPD das Ressort nach der Wahl gerne loswerden möchte.
CDU setzt auf Sicherheit
Schlecht fällt die Bilanz der rot-grün-roten Koalition auch bei der Inneren Sicherheit aus. Wie zuletzt in Berlin setzt auch die Bremer CDU hier einen Schwerpunkt. Bei der Polizei stapeln sich die unbearbeiteten Fälle. Die Lage am Hauptbahnhof als Hotspot für Kriminalität und Alkohol- und Drogenkonsum hat sich nochmal verschlechtert, obwohl SPD-Innensenator Ulrich Mäurer die Präsenz der Polizei dort deutlich erhöht hat.
Als "für viele Menschen kaum noch erträglich" beschreibt Wiebke Winter die Situation. Die 27-Jährige ist neben Imhoff die zweite Spitzenkandidatin der CDU. Vor allem Frauen, betont sie, würden sich am Hauptbahnhof nicht sicher fühlen. Durchsetzen will Bürgermeister-Kandidat Imhoff unter anderem eine Alkohol- und Drogenverbotszone.
Zu selten gelang es ihm allerdings in den vergangenen Monaten, die SPD inhaltlich zu stellen und dadurch selbst an Profil zu gewinnen. Imhoff ist als Präsident der Bremischen Bürgerschaft zwar ein erfahrener, aber zurückhaltender Kandidat. Sein Vorgänger Carsten Meyer-Heder zeigte sich vor vier Jahren angriffslustiger - und gewann am Ende die Wahl. Zum Regieren reichte es allerdings für die CDU nicht, so blieb wieder nur die Opposition.
Bovenschulte beliebt
Sozialdemokrat Bovenschulte gilt als nahbarer und verbindlicher Bürgermeister. Er hat den aus Bremen und Bremerhaven bestehenden Zwei-Städte-Staat mit hanseatischer Gelassenheit durch die Krisen der vergangenen Jahre geführt. In der Kandidatenfrage liegt der 57-Jährige vorne. Bei einer Direktwahl zwischen beiden würden laut Infratest dimap 59 Prozent der Bremerinnen und Bremer für ihn stimmen. Nur 23 Prozent bevorzugen den CDU-Herausforderer.
Imhoff liegt damit allerdings noch klar vor Maike Schaefer, der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, und Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Nur fünf Prozent der Bremer würden in einer Direktwahl für die grüne Spitzenkandidatin votieren. Ohnehin liegt hinter den Grünen ein verpatzter Wahlkampf. Schon der Start ging schief, als sie im vergangenen November kurzzeitig über ein Ende der Passagierflüge am Bremer Flughafen debattierten.
Abschaffung der "Brötchentaste"
Schaefers umstrittene Versuche für eine Verkehrswende in der Innenstadt haben in Bremen für Verdruss gesorgt. Zuletzt schaffte sie zudem die "Brötchentaste" ab, ein Modell zum kostenfreien Kurzzeitparken. Von der Bundespartei kommt ebenfalls kein Rückenwind, die umstrittenen Heizungspläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck belasten auch die Bremer Wahlkämpfer. Im BremenTrend lagen die Grünen nur noch bei 13 Prozent. Vor vier Jahren holten sie 17,4 Prozent der Stimmen.
Als sicher gilt, dass die Linken erneut den Einzug schaffen werden. Ihre zwei Senatorinnen Kristina Vogt (Wirtschaft, Arbeit und Europa) und Claudia Bernhard (Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz) haben in den vergangenen vier Jahren mit pragmatischer Arbeit gepunktet.
Auf einen erneuten Einzug in die Bürgerschaft hofft auch die FDP. Anfang März lag die Partei noch bei vier Prozent, doch Spitzenkandidat Thore Schäck konnte offenbar Boden gutmachen, zuletzt lag die FDP in Umfragen bei sechs Prozent. Sie fordert unter anderem die Abschaffung des im März beschlossenen Ausbildungsfonds. In der Verkehrspolitik spricht sich die FDP gegen eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 und für kostenfreies 90-Minuten-Parken in den Parkhäusern der Innenstadt aus.
AfD steht nicht zur Wahl
Die AfD kann nicht an der Wahl teilnehmen und wird daher der neuen Bürgerschaft nicht mehr angehören. Der Landesverband ist zerstritten und besteht aus einem Notvorstand und einem Rumpfvorstand, die konkurrierende Listen bei der Wahlleitung eingereicht haben. Laut dem Bremischen Wahlgesetz ist nur eine erlaubt, daher erhielt die AfD keine Zulassung zur Teilnahme an der Wahl. Mit Eilanträgen vor Gericht ist die Partei gescheitert. Nach der Wahl will die AfD das Endergebnis anfechten.
Von ihrem Aus dürften am Sonntag die Bürger in Wut (BIW) profitieren, die sich selbst als "Anwälte der Autofahrer" bezeichnen. Beim Thema Innere Sicherheit fordert die Wählervereinigung, dass jugendliche Intensivtäter in geschlossenen Heimen untergebracht werden. Umfragen sehen die Bürger in Wut bei neun Prozent. Vor vier Jahren hatten sie lediglich 2,4 Prozent der Stimmen erhalten.
Für Schlagzeilen sorgte BIW-Kandidat Heiko Werner zwei Tage vor der Wahl. Ihm werden Kontakte ins rechtsextreme Milieu nachgesagt. Nach Angaben von BIW-Chef Jan Timke räumte Werner die Vorwürfe ein und verließ die Wählervereinigung nach Aufforderung.