CDU-Generalsekretär Linnemann "Der Kanzler duckt sich weg"
CDU-Generalsekretär Linnemann wirft Kanzler Scholz in der Migrationspolitik Untätigkeit vor. Gleichzeitig betont er den Willen der Opposition zur Zusammenarbeit - und verteidigt die umstrittenen Aussagen von Parteichef Merz.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat die Bundesregierung aufgefordert, beim Thema Migration stärker mit der Union zusammenzuarbeiten. Im Bericht aus Berlin warf Linnemann Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, auf die Ankündigung eines "Deutschlandpaktes" seien keine Taten gefolgt.
Es sei tagelang her, dass sich Scholz "groß in den deutschen Bundestag gestellt" habe, und ankündigte, er wolle mit der Opposition hier ins Reden kommen. "Bis heute warten wir auf die Einladung. Alles heiße Luft", kritisierte Linnemann. "Wir haben ja konkrete Vorschläge - der Kanzler muss es nur wollen. Er duckt sich ja weg."
Als konkretes Beispiel, wie man beim Thema Migration zusammenarbeiten könne, nannte Linnemann die Diskussion darüber, ob Asylsuchende in Deutschland etwa Sach- anstatt Geldleistungen erhalten sollen. Er warnte davor, dass die Bundesländer oder einzelne Kommunen jetzt selbst Maßnahmen ergriffen, die zu einem "Flickenteppich" führten. Sogenannte Bezahlkarten machten eine zügige Digitalisierung notwendig. Hier sei jetzt der Bund am Zuge: "Er muss ein Digitalisierungskonzept für ganz Deutschland vorlegen und die Bezahlkarte umsetzen." Das brauche es jetzt dringend, "und da sind wir sofort gesprächsbereit", so Linnemann.
Handlungsbedarf bei der Ausweisung abgelehnter Asylsuchender
Auch bei der Frage, wie zügig abgelehnte und ausreisepflichtige Menschen zurück in ihre Heimat geschickt werden, sieht der CDU-Generalsekretär dringenden Handlungsbedarf. "Wenn jemand zu uns kommt, und man sieht, der ist abgelehnt, dann darf er erst gar nicht auf die Kommune verteilt werden, weil die Kommunen sich wirklich auf diejenigen konzentrieren müssen, die wirklich Schutz brauchen." Ausreisepflichtige müssten direkt in Zentren gebracht und von dort direkt wieder zurückgeschickt zu werden.
"Wir müssen mit den Sozialstandards runter, wir müssen mehr abschieben, aber wir sehen ja auch, wie schwierig das ist, weil wir die Abkommen mit den Ländern nicht haben", so Linnemann. "Da muss die Bundesregierung ran." Auch hier sei die Union gesprächsbereit. "Wir brauchen auch neue Abkommen mit den Maghreb-Staaten, wir brauchen Grenzkontrollen - das sind alles Punkte, wo wir offen sind und auch wirklich konstruktiv - und das ist von uns kein PR-Gag, sondern ernst gemeint."
Die Union sei bereit zu einem großen Konsens, "und am Ende des Tages kann sich Herr Scholz dann in den Bundestag stellen und auch der Welt ein ganz wichtiges Signal senden, dass unsere Kapazitäten nicht nur begrenzt sind, sondern ausgeschöpft." Entscheidend sei, "dass wir die Dinge klar ansprechen, aber dann auch lösen." Jetzt brauche es die Debatte "und am Ende Lösungen, und da bieten wir dem Kanzler den Schulterschluss an."
Nicht nur zuspitzen, sondern auch Lösungen anbieten
Seinen Parteivorsitzenden Friedrich Merz, der nach seinen Äußerungen über Gesundheitsleistungen für Asylsuchende in der Kritik steht, nahm Linnemann in Schutz: Merz habe von abgelehnten Asylbewerbern gesprochen. "Es gibt kein Land in Europa, wo jemand, der abgelehnt ist, nach 18 Monaten eine bessere Leistung im sozialen Bereich bekommt als nach 17 Monaten. Es gibt kein Land, wo mit abgelehnten Asylbewerbern so umgegangen wird. Und deswegen ist es richtig, dass wir gerade bei abgelehnten Asylbewerbern die Sozialstandards senken müssen, auch insgesamt."
Merz sei Oppositionsführer im deutschen Bundestag. Wenn ein Oppositionsführer nicht zuspitzen dürfe, wer dann? "Entscheidend ist aber - und das ist der Unterschied zu den Proteststimmen und den Protestparteien -, dass wir die Dinge nicht nur zuspitzen, sondern Lösungsvorschläge machen." Das sei die Politik, die es jetzt brauche, und darum ginge es auch Friedrich Merz.
Kritik von Seiten der Kirche
Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte Merz im Bericht aus Berlin wegen dessen Aussagen über Zahnbehandlungen für abgelehnte Asylbewerber scharf. "Die Sätze waren spalterische Sätze", sagte der bayerische Landesbischof. "Mich haben diese Worte irritiert, weil sie schlicht nicht der Sachlichkeit der Debatte nutzen, die wir jetzt so dringend brauchen. Es dürfen nicht die Schwachen gegen die Schwachen ausgespielt werden."