Strategien im Wahlkampf Was die Ampel von Kamala Harris lernen könnte
Mit Harris und Walz hat der US-Wahlkampf Fahrt aufgenommen. Vor allem ihr neuer, positiver Stil sorgt für eine Euphorie bei den Demokraten. Könnte sich die Ampelkoalition etwas davon abschauen?
"America, hope is making a comeback!", ruft die frühere First Lady der USA, Michelle Obama, ins United Center in Chicago. Die Hoffnung ist zurück bei den US-Demokraten, das liegt vor allem an der neuen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. "Danke, dass du uns die Freude zurückgebracht hast", bedankte sich auch schon ihr Vize Tim Walz.
Spaß und Hoffnung verbreiten - die neue Wahlkampfstrategie der US-Demokraten setzt weniger auf Inhalte als auf Emotionen, stellt auch der Berliner Politikberater Johannes Hillje fest. Er sieht hinter der typisch amerikanischen Inszenierung aber auch einen Schwerpunkt auf entscheidende Werte: "Auf den Wert der Freiheit beispielsweise, aber auch auf den Wert der Solidarität und des Mitgefühls und - ganz wichtig - auch auf Rechtsstaatlichkeit. Und aus positiven Werten heraus entsteht dann eine positive Emotion."
Deutsche Politik hat oft keine Visionen
Und die ist in der politischen Kommunikation äußerst wichtig, betont Hillje, der unter anderem schon SPD und Grüne beraten hat. Auch die Bundesregierung könnte stärker auf Emotionen wie Hoffnung setzen, findet er.
Doch es gibt einen Haken: "Hoffnung ist eine Emotion, die von der Zukunft geprägt ist. Und die deutsche Politik ist oft von Visionslosigkeit bestimmt. Weil man Visionen oft mit Utopie verwechselt und abwertet. Wir haben eine sehr gedämpfte politische Emotionskultur in Deutschland."
"Die AfD verwendet auch positive Bilder"
Eine Partei in Deutschland aber setzt schon länger ganz gezielt auf Emotionen: die AfD. Dabei spielt inzwischen nicht mehr allein die Angst vor Migration oder wirtschaftlichem Abstieg eine Rolle, beobachtet Hillje: "Die AfD in Thüringen macht gerade einen Wahlkampf, viel stärker mit positiven als negativen Emotionen." Sichtbar werde das an Slogans wie "Der Osten machts!" oder Plakaten mit dem Titel "Ministerpräsident Höcke".
"Da werden positive Bilder und eine sehr helle Bildsprache verwendet. Und das ist etwas, das Identität schafft. Ein Gemeinschaftsgefühl, eine Identifikationsfläche - und Hoffnung."
"Geht nicht darum, Populisten zu diskreditieren"
Damit scheint die AfD in Thüringen selbst Ex-US-Präsident Donald Trump ein Stück voraus, der im Wahlkampf der Republikaner weiterhin oft auf negative Botschaften setzt. Ihn bezeichnen die Demokraten inzwischen als "Weirdo", als Verrückten.
Kein Erfolgsrezept für den Umgang mit der AfD, betont Politikberater Hillje: "Ich glaube nicht, dass es darum geht, Populisten zu diskreditieren. Harris und Walz versuchen auch, eine klare Botschaft zu senden: Das, was Trump vorhat, nützt nicht euch oder dem Land, sondern vor allem ihm und seinen Freunden."
Ob diese Strategie aufgeht, zeigt sich bei der US-Präsidentschaftswahl Anfang November. Dann müssen sich auch die Parteien in Deutschland langsam überlegen, mit welcher Kampagne sie in den Bundestagswahlkampf ziehen.