Von der Leyens Handy Daten offenbar unwiederbringlich gelöscht
In der Affäre um die Löschung von Daten auf dem Handy von Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen gerät das Ministerium stärker unter Druck. Offenbar wurden Daten, die Aufschluss über umstrittene Beraterverträge geben könnten, gelöscht.
Die Handydaten der ehemaligen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen aus dem Zeitraum, den momentan ein Untersuchungsausschuss prüft, wurden höchstwahrscheinlich unwiederbringlich gelöscht. Dies geht aus einem Sachstandsbericht des Verteidigungsministeriums hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Auf beiden von der Ministerin genutzten Geräten wurden demnach Kurznachrichten entfernt. Das erste Mobiltelefon, das von der Leyen den größten Teil ihrer Amtszeit als Verteidigungsministerin genutzt hat, sei von einem Fahrer am 8. August 2019 aus von der Leyens Privathaus abgeholt worden. Der IT-Sachbearbeiter im Ministerbüro habe es dann ohne weitere Überprüfung an die Kommunikationsstelle weitergereicht, welche eine "Sicherheitslöschung" vorgenommen habe. Anschließend sei das Gerät zur endgültigen Entsorgung an eine Servicefirma weitergereicht worden. Der Vorgang wird im Bericht als Routineablauf dargestellt.
Bereits zum 1. Juli, also über einen Monat vor dem Zeitpunkt dieser Löschung, waren die Kurznachrichten der Ministerin offiziell zu Beweismitteln für den zuständigen Untersuchungsausschuss erklärt worden. Der Ausschuss geht dem Verdacht nach, unter von der Leyens Führung hätten externe Firmen millionenschwere Bundeswehr-Aufträge direkt, also ohne Ausschreibung, erhalten.
"Sensible Protokolle" gelöscht
Dieses erste Mobiltelefon der Ministerin musste nach Darstellung des Verteidigungsministeriums im Januar 2019 wegen einer Sicherheitslücke gegen ein anderes Gerät ausgetauscht werden. Wieso das erste Handy bis zum Zeitpunkt der Abholung im August dennoch im Besitz der Ministerin blieb, erklärt der Sachstandsbericht nicht. In einem dem Bericht beigelegten Vermerk erklärte der zuständige Sachbearbeiter, er habe sich, als er im Herbst 2019 vom Untersuchungsausschuss auf das Mobiltelefon der Ministerin angesprochen worden sei, an dieses erste Telefon "nicht mehr erinnert".
Das Mobiltelefon, das von der Leyen danach vom deutschen Verteidigungsministerium erhalten habe, sei von ihr bis zum Oktober 2019 weitergenutzt worden, heißt es im Bericht - also auch nach ihrer Wahl zur Präsidentin der EU-Kommission im Juli 2019. Dieses Handy sei am 3. Januar 2020 von der Europäischen Kommission zur Durchsicht freigegeben worden, es hätten sich aber weder im Ordner "geschäftlicher Bereich" noch im Ordner "SMS" Nachrichten und Dateien befunden. Zu diesem Zeitpunkt waren aber von der Europäischen Kommission laut Bericht bereits "sensible Protokolle", die den Geschäftsbereich der EU betreffen, gelöscht worden.
Auf dem Telefon des ehemaligen Leiter Leitungsstabes, das ebenfalls vom Untersuchungsausschuss angefordert worden war, hätten sich keine SMS befunden, die als Beweismittel einzustufen seien. Es bestehe daher kein Anlass, weitere Schritte zu unternehmen, so das Verteidigungsministerium.
Zweifel an Darstellung
Der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss, Tobias Lindner, zweifelt die Darstellung an. "Der gesamte Bericht wirft ein seltsames Bild auf die Vorgänge im Ministerium. Dabei bleiben die Hintergründe der Löschung der maßgeblichen Daten auf den Geräten der Ministerin weiterhin mysteriös", sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio.
Am Donnerstag wird der Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses zur sogenannten Berateraffäre noch einmal über die Beweisqualität des SMS-Verkehrs der Ministerin und den Sachstandsbericht des Verteidigungsministeriums debattieren.