Ermittlungsdienst am Bodensee Der Kampf gegen Steuerbetrüger mit Zweitwohnsitz
Der Bürgermeister von Meersburg am Bodensee hat den Verdacht, dass einige ihren Zweitwohnsitz nicht angemeldet haben. Er will nun mit einem Ermittlungsdienst gezielt nach Zweitwohnungssteuerbetrügern suchen.
Sie liegt mitten in der Altstadt, thront über dem Bodensee und ist kaum zu übersehen: die mittelalterliche Burg Meersburg. Das Postkartenmotiv lockt jedes Jahr Tausende Touristen in den Ferienort. Eher versteckt und unscheinbar liegt dagegen das Bürgerbüro am Rand der kleinen Altstadt.
Dort steht der Schreibtisch schon bereit, von dem aus ein städtischer Ermittler ab Januar Betrüger finden soll. Der Gemeinderat hat den Dienst vor einem Jahr beschlossen, denn die Stadt hat den Verdacht, dass es in der Kommune mehr verwaiste Wohnungen und Häuser gibt als angemeldete Wohnsitze.
Offiziell sind in Meersburg rund ein Fünftel der Wohnungen Zweitwohnsitze. Dafür fällt eine Sondersteuer an - die sogenannte Zweitwohnsitzsteuer. Die Einnahmen werden unter anderem für den Erhalt der Infrastruktur verwendet. Werden die Wohnungen nicht angemeldet, fehlen der Stadt Einnahmen.
"Es gibt Menschen, die eine Wohnung in einem wunderschönen Ort haben, aber nicht ihren Anteil dazu beitragen möchten. Das kann eigentlich nicht sein", sagt Bürgermeister Robert Scherer. Er hofft, dass er mit dem Ermittler solche Wohnungen aufspüren kann.
Dabei setzt er auch auf Mitteilungen aus der Bevölkerung. "Plakativ gesprochen leben wir von Hinweisen, wie oft der Rollladen oben ist", sagt Scherer. "Oder man geht hin und befragt Eigentümer und die Nachbarschaft."
Knapper Wohnraum am Bodenseeufer
Thomas Haller vom Verband "Haus & Grund Baden" findet den Ermittlungsdienst übertrieben. "Ich denke, man muss da den Fokus nicht unbedingt aufs Melderecht legen." Steuerbetrüger gebe es in jedem Lebensbereich.
Weil es am Bodensee viele Ferien- und Zweitwohnungen gibt, bleibt kaum noch bezahlbarer Wohnraum für Menschen, die dort leben möchten. Fast alle Orte am Seeufer berichten von einem angespannten Wohnungsmarkt.
Viele Kommunen reagieren nun und erhöhen die Steuer. Sie hoffen, dass Zweitwohnsitze damit unattraktiver werden. So steigt die Zweitwohnsitzsteuer beispielsweise in Uhldingen-Mühlhofen und Langenargen ab dem nächsten Jahr auf 28 Prozent.
In Konstanz liegt sie bereits bei 35 Prozent der Jahresmiete ohne Nebenkosten. Die bayerische Gemeinde Nonnenhorn ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat vor vier Jahren Zweitwohnsitze sogar verboten.
Nachteile für das Dorfleben
In Meersburg zeigt Bürgermeister Scherer bei einem Spaziergang, welche Auswirkungen Zweitwohnungen auf das Stadtbild haben. "Die Rollladenstadt", wie er es nennt. Er schaut auf ein Haus, in dem die Rollläden monatelang geschlossen seien - Scherer zufolge sind in dem Haus viele Zweitwohnsitze.
"Das ist bezahlbarer Wohnraum. Der fehlt uns und das tut natürlich schon weh", sagt der Bürgermeister. Wenn beispielsweise keine jungen Familien mehr Wohnraum finden, habe das Folgen für das soziale Zusammenleben im Ort. "Je mehr wegziehen, umso mehr leiden auch die ehrenamtlichen Vereine", sagt Scherer. Irgendwann seien die Orte dann nur noch schöne Kulisse - ohne Leben.
Damit will er nun Schluss machen. Der Ermittlungsdienst - womöglich ein Modell auch für andere Touristen-Hotspots in ganz Deutschland mit vielen leerstehenden Zweitwohnungen.