Kläranlagen erzeugen Energie Von wegen dreckiges Geschäft
Um aus Schmutzbrühe sauberes Wasser zu machen, verbrauchen Kläranlagen viel Energie. Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele aus Trier und Neuwied.
Kläranlagen machen aus Schmutzbrühe klares Wasser - und dafür verbrauchen sie viel Energie. Für Städte und Kommunen ein riesiger Kostenfaktor, bundesweit gibt es etwa 10.000 Kläranlagen. Nicht erst in Zeiten explodierender Strompreise suchen die Betreiber nach Möglichkeiten, Energie einzusparen.
Schon vor zehn Jahren hat man bei den Stadtwerken Trier eine Potenzialanalyse durchgeführt, um dann die Prozesse zu optimieren. Als erster Schritt wurden die Klärvorgänge effektiver gesteuert - mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Etwa 25 Prozent Strom konnte so eingespart werden.
Vom Stromfresser zum Energieerzeuger
Doch inzwischen ist man in Trier einen großen Schritt weiter: Die Kläranlage ist vom Stromfresser zum Energieerzeuger geworden. Direkt neben der Hauptkläranlage ist auf dem Gelände einer ehemaligen Papierfabrik ein Energie- und Technikpark entstanden. Dort stehen jetzt zwei Blockheizkraftwerke, die mit Klärgas betrieben werden. Das entsteht bei der Lagerung des Klärschlamms in zwei großen sogenannten Faultürmen. Der so produzierte Strom und die Wärme können gespeichert werden.
Ein Blockheizkraftwerk auf der Anlage der Stadtwerke Trier.
Ein Abfallprodukt der Wasserreinigung - aus Dreck wird sozusagen Gold. Das geklärte Abwasser rauscht durch eine Turbine in die Flüsse und erzeugt so ebenfalls Strom. Etwa acht Millionen Kubikmeter Wasser werden in der Kläranlage Trier jährlich gereinigt und danach in die Flüsse Mosel und Kyll geleitet. Außerdem wurden fast alle Gebäude im Energiepark mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern ausgestattet, eine weitere Stromquelle.
Vor einem halben Jahr wurde der Energie- und Technikpark eröffnet. Die Bilanz? "Unser Deckungsgrad von Energieerzeugung und -verbrauch für den Betrieb der Kläranlage und des Technikparks liegt bei 101 Prozent", sagt Marius Barbian, technischer Angestellter bei den Stadtwerken Trier. "Wir sind also energieneutral. Im bundesweiten Vergleich gehören wir zu den Top-Anlagen in Punkto Stromverbrauch."
Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Stadtwerke Trier.
Deutschlandpremiere für das Solarfaltdach
Neu sind die Ideen, Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen in Klärwerken einzusetzen, nicht. Doch nicht alle Stadtwerke verfügen beispielsweise über entsprechende Gebäude und Flächen.
Die Servicebetriebe Neuwied haben ebenfalls untersucht, wo Energieerzeugung im Bereich der Kläranlage möglich wäre. Das Problem: Die Baunebenkosten würden den Ertrag einer Photovoltaikanlage übersteigen, weil die Flächen so klein sind.
Eine außergewöhnliche Lösung macht es trotzdem möglich: mit einer Solaranlage in Form eines Faltdaches. Die Technik stammt aus der Schweiz, derzeit wird ein Klärbecken auf 1600 Quadratmetern mit der Photovoltaikanlage überbaut.
Bei Bedarf, etwa für Wartungsarbeiten an der Kläranlage, wird das Dach wie eine Ziehharmonika zusammengeklappt und eingefahren. "Das passiert aber auch bei starkem Wind oder Hagel, so sind wir vor Schäden geschützt", sagt Betriebsleiter Marco Madzgalla. Etwa 180.000 Kilowattstunden werden mit den Solarzellen erzeugt, das sind acht Prozent des Gesamtverbrauchs der Kläranlage.
Ob weitere Photovoltaikanlagen installiert werden, steht noch nicht fest. "Wir hätten Potenzial dafür, allerdings könnten wir dann mehr Strom erzeugen, als wir verbrauchen. Wir würden also vom Kunden zum Energieversorger - das ist nicht unser Kerngeschäft und auch rechtlich nicht ganz einfach." Ende April soll die Anlage ans Netz gehen - als erste in Deutschland.
Beim den Stadtwerken Trier legt man den Schwerpunkt zunächst auch darauf, die bestehende Infrastruktur zu optimieren. Es sind viele kleine Maßnahmen, die sich für den Betreiber auszahlen. Hätte man vor zehn Jahren hier nicht damit begonnen, läge der Stromverbrauch der Kläranlage rund 65 Prozent höher als zum jetzigen Zeitpunkt.