Neue Synagoge in Potsdam Ein Haus, das offen für alle ist
Nach fast 20 Jahren Planung, Diskussion und Bau wird heute das neue Synagogenzentrum in Potsdam eröffnet. Damit erhalten die jüdischen Gemeinden der Stadt endlich einen Ort für Gottesdienste und Gemeindearbeit.
"Ich finde sie einfach nur großartig", freut sich Jan-Niklas Hörmann, der Einrichtungsleiter der Potsdamer Synagoge. Architektur, Material, Licht - einfach alles sei wirklich gelungen, betont er. Er sei froh, dieses Haus für die Potsdamer jüdischen Gemeinden leiten zu dürfen.
Sein Arbeitgeber sind aber nicht die vier Potsdamer Gemeinden, die hier beten, Gottesdienst feiern und Gemeindearbeit machen wollen. Sondern die Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Denn sie verwaltet das Synagogenzentrum - und das hat seinen Grund.
Komplizierte Entstehungsgeschichte
Als das Land Brandenburg und der jüdische Landesverband 2005 in einem Staatsvertrag den Bau eines Synagogenzentrums in Potsdam vereinbarten, wirkte alles ganz einfach. Brandenburg würde das Gebäude bezahlen und errichten, der jüdische Landesverband bestimmen, was wie gebaut werden soll.
Auch 2008, als der Realisierungswettbewerb zugunsten eines Entwurfs des Berliner Architekten Jost Haberland entschieden wurde, herrschte noch Einigkeit. Doch damit war es schnell vorbei.
Bis 2011 hatten sich die Mitglieder der größten jüdischen Gemeinde so zerstritten über den Bau, dass sich eine neue Gemeinde bildete, die den Haberland-Entwurf als äußerlich zu modern und innen ungeeignet für Gemeindearbeit ablehnte. Matthias Platzeck, SPD-Politiker und damals Brandenburger Ministerpräsident, legte das Projekt daraufhin auf Eis.
Erst acht Jahre später wurde die Planung wieder aufgenommen. Gebaut werden konnte erst, als das Land die ZWST als verlässlichen Ansprechpartner von jüdischer Seite ins Boot holte. Die ZWST moderierte die Interessen der einzelnen Gemeinden, fand Kompromisse und traf Entscheidungen. Der architektonische Entwurf wurde überarbeitet, sodass am Ende alle zufrieden waren.
Dass die neue Synagoge in Potsdam höchsten Sicherheitsstandards genügen muss, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen.
Ein Hochsicherheitsgebäude, das nicht so aussieht
Die Fassade aus hellen Brandenburger Klinkersteinen wirkt offen und modern und erinnert mit ihren hohen Spitzbogenfenstern gleichzeitig an orientalische Bauten. Der Synagogenraum mit Frauenempore ist ganz in Eichenholz gehalten.
Wenn Einrichtungsleiter Hörmann den Raum betritt, gerät er ins Schwärmen: "Für mich ist das einer der schönsten neuen Synagogenbauten Deutschlands." Dass dieses Haus höchsten Sicherheitsstandards genügen muss, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Doch überall sind Kameras installiert, der Zugang zum Haus wird streng kontrolliert.
Für die religiösen Riten gibt es im Keller ein rituelles Tauchbad, eine Mikwe, die mit Regenwasser gespeist wird, das auf der Dachterrasse gesammelt wird. Ein sogenannter Schabbatfahrstuhl, der automatisch in allen Etagen hält, ermöglicht es strenggläubigen Menschen nach oben oder unten zu gelangen, ohne ein technisches Gerät bedienen zu müssen. Denn das ist ihnen am Schabbat verboten. Es gibt Büros und verschiedene Versammlungsräume, die für religiöse und soziale Angebote für Kinder, Jugendliche und Senioren sowie kulturelle Veranstaltungen genutzt werden können.
Glückliches Ende
Heute wird das Haus, das insgesamt 17,5 Millionen Euro gekostet hat, endlich feierlich eröffnet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält die Festrede und auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock kommen. Immerhin ist Potsdam ihr Wahlkreis.
Der Zentralrat der Juden freut sich, dass nun alle deutschen Landeshauptstädte wieder eine repräsentative Synagoge haben. Die historische Synagoge Potsdams ist in der Reichspogromnacht 1938 stark beschädigt worden, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie abgerissen. Die Potsdamer Gemeinden haben bisher Provisorien genutzt. Auch deshalb spricht der Präsident der ZWST, Abraham Lehrer, von einem "Meilenstein für die jüdische Gemeinschaft".
Vier Gemeinden, ein Haus
In den kommenden drei Jahren verwaltet die ZWST das Synagogenzentrum. Sie muss festlegen, welche Gemeinde wann den Synagogenraum für die Gottesdienste nutzen darf. Etwa zu den Schabbatgottesdiensten Freitagabend und Sonnabend früh. Sie hat vermittelt, dass die beiden großen Gemeinden ihre eigene Thorarolle im Schrein aufbewahren können. Auch bei den großen religiösen Festen ist ihre Vermittlungsarbeit gefragt.
Jan-Niklas Hörmann betont, die Synagoge sei offen für alle jüdischen Gemeinden Potsdams, man werde sich einigen. Und darüber hinaus ist das Synagogenzentrum auch für Nichtjuden offen. In den nächsten Monaten soll im Erdgeschoss ein koscheres Café eröffnen, das alle einlädt, jüdische Küche zu entdecken.