Bundesverfassungsgericht Zwei Neue für Karlsruhe
Wechsel am Bundesverfassungsgericht: Zwei gehen, zwei Neue treten ihr Amt an. Wer sind sie und was haben sie vorher gemacht? Und wie werden Verfassungsrichterinnen und -richter gewählt?
Bereits Mitte November des vergangenen Jahres hätte die Amtszeit von Richterin Monika Hermanns und Richter Peter M. Huber am Zweiten Senat am Bundesverfassungsgericht enden sollen. Aber bis zur Ernennung ihrer Nachfolger mussten sie im Amt bleiben. Und so bekamen sie erst heute von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihre Entlassungsurkunden. Auch ihre beiden Nachfolger wurden vereidigt. Sie waren Mitte Dezember vom Bundestag gewählt worden.
Auf SPD-Vorschlag
Auf Monika Hermanns folgt Rhona Fetzer. Die 59-Jährige wurde von der SPD vorgeschlagen. Im Juli 2009 wurde sie Richterin am Bundesgerichtshof, im Mai 2022 Vorsitzende des VIII. Zivilsenats. Der ist unter anderem für das Miet- und Kaufrecht zuständig. "Bei uns findet das pralle Leben statt", beschrieb sie im Podcast "Die JustizreporterInnen" der ARD-Rechtsredaktion einmal ihre Arbeit im Senat.
Fetzer wusste schon früh, was sie einmal werden will. "Ich habe im Alter von 14 Jahren aufgrund der Ratschläge meines amerikanischen Patenonkels beschlossen, wenn ich groß bin, werde ich Jura studieren. Dann kriegt man das Leben so richtig mit und kann es auch gut bewältigen." Schnell sei ihr dann klar geworden, dass sie auf lange Sicht die Verantwortung einer Richterin übernehmen und gestalten wollte.
Rhona Fetzer war zuletzt Richterin am Bundesgerichtshof. Nun wechselt sie ans Bundesverfassungsgericht.
Auf FDP-Vorschlag
Neben Fetzer wechselt auch Thomas Offenloch vom Bundesgerichtshof in den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Der 50-Jährige wurde von der FDP vorgeschlagen. Wie Fetzer war auch er zunächst Richter an verschiedenen Gerichten in Baden-Württemberg. Zweimal wurde er an das Landesjustizministerium abgeordnet. Dort war er zuletzt leitender Ministerialrat.
Im Oktober 2013 wurde er dann Richter im VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs. Dort geht es zum Beispiel um Verkehrsunfälle, Arzthaftungsrecht, aber auch Dieselfälle und das Presserecht.
Seit 2019 war Thomas Offenloch zusätzlich auch noch stellvertretender Vorsitzender des Senats für Notarsachen. Von seinem alten Arbeitsplatz beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe sind es nur ein paar Minuten zu seinem neuen Arbeitsplatz, dem Bundesverfassungsgericht. Dort wird er nun aber deutlich politischere Rechtsfragen beurteilen.
Wechselt auf Vorschlag der FDP ans Bundesverfassungsgericht: Richter Thomas Offenloch
Zwei Senate mit je acht Richterinnen und Richtern
Der Zweite Senat urteilt neben Verfassungsbeschwerden in Organstreitverfahren, zum Beispiel über die Rechte des Parlaments. Außerdem ist er für die großen Verfahren zum Thema Europa zuständig. Der Erste Senat kümmert sich vor allem um Verfassungsbeschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Grundrechte verletzt sehen. Insgesamt arbeiten 16 Richterinnen und Richter beim Bundesverfassungsgericht, aufgeteilt auf diese zwei Senate zu je acht Richtern.
Wahl durch Bundestag und Bundesrat
Während die eine Hälfte der Verfassungsrichter vom Bundestag gewählt wird, erhält die andere Hälfte ihre demokratische Legitimation vom Bundesrat, also der Vertretung der Bundesländer. Im Bundestag wird zunächst ein Wahlausschuss von zwölf Abgeordneten eingesetzt, der einen Kandidaten zur Wahl vorschlägt. Das Plenum des Bundestags wählt dann die Richterin oder den Richter. Der Bundesrat wählt die Richter direkt. Die Amtszeit der Verfassungsrichter endet nach zwölf Jahren oder am Ende des Monats, in dem sie 68 Jahre alt werden. Eine Wiederwahl ist nicht möglich.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht anlässlich des Richterwechsels am Bundesverfassungsgericht im Schloss Bellevue.
Weitere Personalwechsel stehen bevor
Dieses Jahr stehen weitere Richterwechsel beim Bundesverfassungsgericht an. Die Amtszeit von zwei Verfassungsrichterinnen im Ersten Senat, Susanne Baer und Gabriele Britz endet Anfang Februar. Für Susanne Baer wird Rechtsprofessor Martin Eifert von der Humboldt- Universität zu Berlin kommen. Wer auf Gabriele Britz folgt, ist noch unklar.
Im September dieses Jahres ist die Amtszeit von Verfassungsrichter Peter Müller vorbei. Er ist ein Mitglied des Zweiten Senats. Und auch die Amtszeit von Richterin Sibylle Kessal-Wulf ist Ende des Jahres vorbei. Auch sie gehört dem Zweiten Senat an.
Beim Bundesverfassungsgericht herrscht in diesem Jahr also ein großes Kommen und Gehen. Fast die Hälfte der Richterinnen und Richter wird ausgetauscht. An dem Geschlechterverhältnis des Gerichts ändert die Nachfolge von Rhona Fetzer und Thomas Offenloch erst einmal nichts. Es gibt noch immer mehr Verfassungsrichterinnen als Verfassungsrichter. Durch die anstehenden weiteren Wechsel kann sich das aber alles schnell ändern.