Bundesanwaltschaft ermittelt "Angriff auf Meinungsfreiheit und Innere Sicherheit"
Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem Attentat in Mannheim übernommen. Grund dafür sei die besondere Bedeutung des Falls. Zugleich werden Forderungen nach einem härteren Vorgehen gegen Islamisten lauter.
Nach dem tödlichen Messerangriff in Mannheim hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Das bestätigte eine Behördensprecherin dem SWR. Grund dafür sei die besondere Bedeutung des Falls. Zudem hätten die Ermittler den Eindruck, dass der mutmaßliche Täter den Angriff aus "religiösen Gründen" begangen habe.
Laut Generalbundesanwalt stellt die Tat einen Angriff auf die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit dar und habe die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt.
Täter weiterhin nicht vernehmungsfähig
Wie der SWR aus Ermittlungskreisen erfuhr, liegt der mutmaßliche Täter weiterhin im Krankenhaus und konnte noch nicht vernommen werden.
Er hatte am Freitag auf dem Mannheimer Marktplatz mehrere Menschen mit einem Messer attackiert und sechs von ihnen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Einen Polizisten traf der Angreifer im Bereich des Kopfes, am Sonntag ist der Beamte seinen Verletzungen erlegen.
Die Messerattacke ereignete sich bei einem Stand der "Bürgerbewegung Pax Europa". Deren Mitglied Michael Stürzenberger, ein islamkritischer Aktivist, wurde ebenfalls schwer verletzt und in einer Klinik operiert.
Polizei schaltet Hinweisportal
Die Ermittler bitten unterdessen um die Mithilfe von Zeugen. Bild- oder Videoaufnahmen seien von Interesse, teilten Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit. Die Behörden versprechen sich davon mehr Erkenntnisse dazu, wo genau auf dem Marktplatz sich der 25 Jahre alte Täter kurz vor der Attacke am vergangenen Freitag aufgehalten und was er in der Zeit gemacht hat. Videos und Bilder könnten über ein Hinweisportal der Polizei übermittelt werden.
Bundesweite Trauer
Im Gedenken an den getöteten Polizisten fahren die Dienstfahrzeuge der Bundespolizei mit Trauerflor, wie das Bundesinnenministerium mitteilte. Das Innenministerium in Baden-Württemberg ordnete ebenfalls Trauerflor an allen Streifenwagen der Landespolizei an.
Die Beflaggungen an Booten der Wasserschutzpolizei sowie an Dienstgebäuden der Polizei und des Innenministeriums seien auf Halbmast gesetzt.
Schweigeminute und Trauerfeier geplant
Am kommenden Freitag - eine Woche nach der Tat - soll zudem mit einer Schweigeminute des Polizisten gedacht werden. Auch eine Trauerfeier ist geplant. Wann diese stattfinden soll, stehe bisher nicht fest, sagte ein Polizeisprecher. Man wolle zunächst der Familie Raum zum Trauern geben.
Innenminister Thomas Strobl sagte: "Wir sind traurig, traurig, traurig." Für den Abend ist in Mannheim eine Kundgebung geplant, an der auch der CDU-Politiker teilnehmen will.
Scholz "zutiefst bestürzt"
Tief bewegt äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Plattform X. Die Nachricht über den Tod des 29-Jährigen bestürze ihn zutiefst. "Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung." Der getötete Polizist habe das Recht aller verteidigt, die eigene Meinung sagen zu können. "Wenn Extremisten diese Rechte gewaltsam einschränken wollen, müssen sie wissen: Wir sind ihre härtesten Gegner. Wir werden mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates vorgehen", kündigte der Bundeskanzler an.
Erschüttert zeigte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat."
Aktuelle Stunde zur Gewalt gegen Polizisten geplant
Die Tat rückt Islamismus und die Gewalt gegen Polizisten wieder stärker in den Mittelpunkt der Debatten. "Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Laut Rheinischer Post soll sich auf Antrag der Unionsfraktion der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit der Tat und der Gewalt gegen Einsatzkräfte beschäftigen. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sagte der Zeitung: "Die Aktuelle Stunde ist jetzt wichtiger denn je. Der Deutsche Bundestag muss das Thema Gewalt gegen Polizisten und Messergewalt zusammen debattieren." Dann müsse auch "Entschlossenheit im Durchsetzen von Abschiebungen von Straftätern und Rückhalt für Polizisten folgen".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte, der Täter müsse "mit maximaler Härte des Gesetzes" bestraft werden. "Wenn sich ein islamistisches Motiv bestätigt, dann zeigt das, wie stark wir weiter islamistischem Terror entgegentreten müssen", sagte die SPD-Politikerin.