Jobverlust rückt auf zweiten Platz Krankheit und Sucht häufigste Gründe für Überschuldung
Jahrelang führte Arbeitslosigkeit die Liste der Gründe für Überschuldung an. Das hat sich nun geändert: Krankheit und Sucht treiben immer mehr Menschen in die Schuldenfalle.
Krankheit und Sucht haben einer Untersuchung zufolge Arbeitslosigkeit als häufigste Ursache für Überschuldung in Deutschland abgelöst. 18,4 Prozent der Fälle, die im vergangenen Jahr in einer Schuldnerberatungsstelle zur Sprache kamen, seien auf gesundheitliche Probleme der Betroffenen zurückzuführen, heißt es im "Überschuldungsreport 2024" des Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF).
Der Verlust des Arbeitsplatzes war in 17,5 Prozent der Fälle der Auslöser für die Überschuldung. Scheidungen oder Trennungen führten bei rund 10,2 Prozent der Ratsuchenden in die Geldnot. Der "Überschuldungsreport" basiert auf Daten von 114 Schuldnerberatungsstellen und knapp 24.000 Beratungsfällen aus dem vergangenen Jahr. Zuerst hatte die Welt am Sonntag über die Zahlen berichtet.
Arbeitnehmermarkt reduziert Überschuldung
Neben Schicksalsschlägen wie Krankheit, Trennung oder Arbeitslosigkeit sind auch Einkommensarmut mit 10,54 Prozent und eine gescheiterte Selbstständigkeit mit 8,5 Prozent der Fälle häufige Gründe für eine Überschuldung. In 8,3 Prozent der Fälle war ein problematisches Kaufverhalten der Grund.
Dass Arbeitslosigkeit erstmals seit Jahren nicht mehr die Hauptursache ist, begründen Experten mit der stabilen Beschäftigungslage und der demographischen Entwicklung in Deutschland: "Wir haben einen Arbeitnehmermarkt, zudem fehlen vielerorts Arbeits- und Fachkräfte", sagte Patrik-Ludwig Hantzsch von der Auskunftei Creditreform der Welt am Sonntag. Das Thema Arbeitsplatzverlust hätte deswegen stetig an Bedeutung verloren, so Hantzsch weiter. Die Auskunftei Creditreform gibt selbst jedes Jahr den sogenannten "Schuldner-Atlas" heraus.
Ratenkredite als Risikofaktor
Bei den Forderungsarten stehen Ratenkredite ganz oben, gefolgt von Außenständen bei der öffentlichen Hand, etwa in Form fälliger Steuern oder Rückforderungen von Sozialleistungen. "Insbesondere Ratenkredite spielen eine große Rolle bei der Überschuldung in Deutschland", sagte eine der Autorinnen des IFF-Reports, Hanne Roggemann.
Fast jeder fünfte Ratsuchende habe mindestens eine Forderung, die aus solchen Abzahlungskrediten resultiert. Gemeint sind zum Beispiel "Buy now, pay later"-Angebote, bei denen die Rechnung erst später beglichen werden muss. Der Verbraucherzentrale Bundesverband und das IFF warnen vor solchen Angeboten aufgrund hoher Verzugszinsen und Mahngebühren. Zudem erschwerten sie es, die Übersicht zu behalten.
Die mittlere Schuldenhöhe derjenigen, die 2023 eine Schuldnerberatung in Anspruch nahmen, lag laut dem Report bei 16.547 Euro. Rund 35 Prozent der Ratsuchenden haben bei Zahlungsunfähigkeit weniger als 10.000 Euro Schulden. Bei 42 Prozent der Beratungsfälle belaufen sich die Forderungen offener Rechnungen zwischen 10.000 und 40.000 Euro. Rund 23 Prozent belasten Forderungen von mehr als 40.000 Euro. Insgesamt wurden für den nicht repräsentativen Überschuldungsreport knapp 200.000 Beratungsfälle aus dem Zeitraum 2008 bis 2023 ausgewertet, davon fast 24.000 aus dem vergangenen Jahr.