Dauerstreit um Memoiren Gericht verbietet weitere Passagen aus Kohl-Buch
Seit Jahren streiten die Witwe von Altkanzler Helmut Kohl und sein Ghostwriter vor Gericht. Bislang ging es um Zitate, jetzt auch um Bewertungen des Autors. Der musste erneut eine Niederlage einstecken.
Im Dauerrechtsstreit um ein Buch über den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl hat sich Maike Kohl-Richter, die Witwe von Kohl, in einem Gerichtsverfahren über ein umstrittenes Enthüllungsbuch erneut durchgesetzt. Das Kölner Oberlandesgericht hat weitere Passagen verboten.
Demnach stellte das Gericht in dem Berufungsverfahren eine Verschwiegenheitspflicht zwischen Kohl und dem Autor Heribert Schwan fest. Diese beziehe sich nicht nur auf die Wiedergabe etwaiger Äußerungen Kohls, sondern auch auf Wertungen des Autors, der zuvor als Ghostwriter für Kohl gearbeitet hatte.
Obwohl Zeugen wie Kohls Sohn Walter in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestätigt hatten, dass Kohl mit Schwan keine schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarung getroffen hatte. Das Gericht verbot demnach eine Veröffentlichung und Verbreitung bestimmter als unzulässig bewerteter Passagen. Insgesamt wurde das Buch aber nicht verboten.
Zahlreiche negative Äußerungen
Es geht um das Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" des Journalisten und Historikers Heribert Schwan und des Koautors Tilman Jens. Es erschien 2014 und basiert auf Gesprächen mit Kohl, die Schwan als Ghostwriter für Kohls Memoiren auf Kassette aufgezeichnet hat. Schwan und Kohl zerstritten sich jedoch, als es thematisch um die CDU-Spendenaffäre und Kohls Abwahl gehen sollte.
In dem Bestseller von Schwan waren zahlreiche teils negative Äußerungen enthalten, die der Altkanzler über andere Politiker getätigt haben soll. Unter anderem über Angela Merkel und auch Prinzessin Diana. Nach dem Erscheinen des Buchs zog Kohl vor Gericht und verlangte, dass die strittigen Passagen nicht verbreitet werden dürften. Das Oberlandesgericht verbot bereits in einem vorangegangenen Urteil Passagen aus dem Buch. 2017 errang Kohl in dem Verfahren die höchste Entschädigung der deutschen Rechtsgeschichte - eine Million Euro.
"Abenteuerlich anmutende Rechtskonstruktion"
Kohls Witwe Maike Kohl-Richter führte nach dessen Tod den Rechtsstreit fort. Das OLG kam nun zu dem Schluss, dass zwischen Schwan und Kohl im Zusammenhang mit den Arbeiten an dem Memoirenprojekt zwar keine ausdrückliche Verschwiegenheit vereinbart wurde, jedoch zwischen beiden eine stillschweigend begründete Rechtsbeziehung bestand. Aus dieser sei eine Verschwiegenheitspflicht abzuleiten. Der Autor könne sich daher nicht auf die Presse- und Meinungsfreiheit berufen, erklärte das Gericht weiter.
Vom journalistischen Standpunkt aus betrachtet sei es "unfassbar" so Schwan. Nun seien sogar Textpassagen verboten worden, die gar keine Aussagen Helmut Kohls enthielten, sondern Bewertungen von ihm, Schwan. Dabei geht es unter anderem um Schilderungen, wie die Gespräche mit Kohl abliefen, und Beurteilungen, warum es zum Bruch kam. Schwan macht dafür Kohls zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter verantwortlich.
Die Verlagsgruppe Penguin Random House, die das Buch herausgegeben hatte, bezeichnete die Entscheidung des Gerichts zu Schwan als "völlig unverständlich". Der Leiter der Rechtsabteilung, Rainer Dresen, sprach von einer "recht abenteuerlich anmutenden Rechtskonstruktion".