Städte im Hitze-Check Zu viel Beton und Asphalt
An heißen Sommertagen steigt die Hitze in den Städten massiv an. Flächenversiegelung und zu wenig Grün befeuern das Problem. Die Deutsche Umwelthilfe hat 190 Städte gecheckt. Wo ist das Problem besonders groß?
Die Sonne knallt und in vielen Städte wird es unangenehm heiß. Die Gründe sind oft: zu wenige Bäume, die Schatten spenden und zu viel gepflasterte, betonierte oder bebaute Flächen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat dazu einen Hitze-Check gemacht. 190 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner wurden auf Flächenversiegelung und Grünausstattung analysiert, basierend auf neuen Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH.
Das Ergebnis: Insgesamt erhalten 24 Städte eine rote Karte, sind also zu stark versiegelt und haben zu wenige Bäume. 82 Städte erhalten eine Gelbe Karte und 84 eine Grüne. Besonders schlecht schneiden demnach die Städte Ludwigshafen, Heilbronn, Regensburg aber auch Ludwigsburg ab. Die Stadt liegt auf Platz 184 von 190.
Walckerpark als Vorzeigeprojekt
Ludwigsburg beschäftigt das Thema Hitze schon seit Jahren. Die Stadtverwaltung will etwas dagegen tun. "Wir bemerken, die Stadt heizt sich weiter auf. Um die Stadt für die Menschen, vor allem ältere und junge Menschen weiter erträglich zu machen, müssen wir Hitze reduzieren", sagt Oberbürgermeister Matthias Knecht.
Er führt als Beispiel den Walckerpark an, ein Vorzeigeprojekt von Ludwigsburg. "Hier war früher versiegelte Parkfläche", erklärt Knecht und zeigt auf eine große Grünfläche mit hohem Gras umrandet von vielen großen Bäumen. Statt eines Parkplatzes ist hier seit zwei Jahren ein kleiner Erholungspark mit viel Schatten, einem Wasserspiel, einem Spiel- und Sportplatz entstanden.
"Ganz wesentlich war der Erhalt der Bestandsbäume. Das ist etwas, was sehr selten in der Stadt ist, dass man so viel große Bäume zur Verfügung hat", erklärt Projektleiter Jürgen Straß von der Stadt Ludwigsburg. Im Walckerpark haben sie zum einen die alten Bäume erhalten, aber auch neue dazu gepflanzt.
Allerdings blieben Parkplätze erhalten. Auf einer wesentlich kleineren Fläche wurde ein Parkhaus gebaut und so begrünt, dass man es auf den ersten Blick gar nicht wahrnimmt.
Interessenkonflikte sind eine Hürde
Doch genau hier zeigt sich schon eines der Hauptprobleme bei der Entsiegelung von Flächen: Interessenkonflikte. "Grundsätzlich haben wir ja immer Flächenkonflikte", erklärt Ulrike Schmidtgen, Leiterin vom Fachbereich Tiefbau und Grünflächen von der Stadt Ludwigburg.
"Jede Fläche hat ja eine Nutzung. Und da ist der Bürger auch gewohnt, die Fläche entsprechend zu nutzen". Auf dem Marktplatz finde der Markt statt oder Festivitäten, sagt Schmidtgen. "Da brauchen wir entsprechende Flächen. Und dann ist es eben nicht so einfach, alles zu entsiegeln. Oder wenn wir jetzt eine Straße sanieren, dann schauen wir auch: Ist die Straße noch in dieser Breite notwendig? Oder können wir da ein Stück von wegnehmen?"
Bei Parkflächen große Diskussion
Gerade bei Parkflächen ist die Diskussion groß. Die Stadt muss dann Ausweichflächen finden. Das zeigt auch das neue Projekt auf dem Arsenalplatz, einen Kilometer vom Walckerpark entfernt. Dort reißen gerade Bagger den Boden auf. Auch hier wird ein Parkplatz zum Park. Die großen Bäume sollen bleiben und es soll eine kleine Oase in der Stadt werden.
"Es gab große Diskussionen über viele Jahre, weil natürlich der Arsenalplatz ein zentraler Parkplatz für die Stadt ist. Und wir konnten aber den Einzelhandel und die Gastronomie auch gewinnen, weil wir die 146 Parkplätze 200 Meter weiter durch ein neues Parkhaus zusammen mit der Kreissparkasse ersetzen konnten", erklärt Matthias Knecht.
DUH fordert rechtlich verbindliches Ziel
Die Deutsche Umwelthilfe sieht bei dem Thema Entsiegelung und Baumbestand dringenden Handlungsbedarf. "Wir fordern von der Bundesregierung ein rechtlich verbindliches Ziel, die Flächenversiegelung in Deutschland bis spätestens 2035 zu stoppen", so Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH.
"In Zeiten der Klimakrise brauchen unsere Städte unversiegelte Böden zur Versickerung von Wasser und Grünflächen zur Kühlung", so Metz. Grün sei aber nicht gleich Grün. Rollrasen könne mit dem alten Baumbestand nicht mithalten. "Deshalb ist nicht nur entscheidend, dass Versiegelung gestoppt und dort, wo es geht, zurückgebaut wird, sondern dass vor allem neben Rasenflächen auch Bäume, Büsche und Wiesen in unseren Städten zu finden sind."
Stadt will weitere Förderung
Die Bundesregierung müsse jetzt wirksame Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel bundesweite Standards für die Begrünung von Schulhöfen vorzuschreiben. Die DUH fordert daher verbindliche Grünanteile auf kommunaler Ebene und Umbau statt Neubau.
Die Stadt Ludwigsburg will das Thema Hitze auch weiter angehen, ist sich aber auch sicher: Weitere große Flächen zu entsiegeln wird Jahre dauern und ist teuer. Allein die Umgestaltung des Arsenalplatzes kostet knapp fünf Millionen Euro. Die Stadt fordert daher für die nächsten Jahre mehr Geld von EU, Bund und Land.