Grenzkontrollen zur Schweiz Viele Kontrollen, wenig Wirkung
Seit gut einer Woche gibt es stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz. Gerade an der Schweizer Grenze waren die Geflüchtetenzahlen zuletzt stark gestiegen. Was haben die Kontrollen bisher gebracht?
Die grüne Tram der Linie 8, die die Grenze zwischen dem schweizerischen Basel und der Stadt Weil am Rhein in Deutschland überquert, hält außerplanmäßig an. Ein Bundespolizist mit gelber Schutzweste hat dem Bahnfahrer ein Signal mit seinem Arm gegeben. Eine Kontrolle der Fahrgäste steht an. Im Schnitt alle 15 Minuten kommt hier eine Bahn vorbei.
Täglich passieren mehrere Tausend Menschen die Grenzen der beiden Länder. Freunde besuchen, einkaufen, arbeiten gehen: Wäre da nicht die Grenzkontrolle, würden die Reisenden den Wechsel zwischen den beiden Ländern kaum bemerken.
Seit vergangenem Montag sind die unsichtbaren Gemarkungsgrenzen zwischen der Schweiz und Deutschland für die Pendler wieder spürbarer. Mobile und stationäre Grenzkontrollen sind seit der Anmeldung durch das Innenministerium bei der EU jetzt wieder möglich.
Das Ziel: Die Schleuserkriminalität und die irreguläre Migration noch stärker zu bekämpfen. Zum Start hieß es von Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Die Bundespolizei kann nun flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen."
Mehr Kontrollen auf den Gleisen
An der Grenze zur Schweiz bedeutet das nun mehr Kontrollen - insbesondere auf der Schiene. Zwei Beamte steigen ins Abteil der Tram ein: "Schönen guten Tag. Die Bundespolizei, einmal die Ausweise bitte!" Die Fahrt verzögert sich wegen der Passkontrollen immer um einige Minuten.
Die meisten Fahrgäste nehmen es an diesem Montag allerdings gelassen hin. Eine ältere Dame findet es gut, wenn in der Bahn kontrolliert wird: "Mich stört das alles nicht. Ich hab ja einen Pass und alles dabei und bin kein Verbrecher."
Auch der Tramverkehr wird verstärkt kontrolliert.
Ein jüngerer Passagier aus der Schweiz fragt sich allerdings nach der Sinnhaftigkeit des Ganzen, bevor er aussteigt: "Das ist Blödsinn. Das ist doch nicht nötig, dass man Menschen kontrolliert."
Hin und wieder werden Fahrgäste gebeten auszusteigen. Dann werden die Papiere von den Beamten genauer überprüft. Erkennungsdienstliche Maßnahmen werden unter Umständen eingeleitet. Liegt eine Straftat vor? Wird Asyl beantragt? Die Bahn fährt unterdessen weiter über die deutsche Grenze.
Bis zum Wochenende sollen die Kontrollen erst einmal so fortgeführt werden. Bundesinnenministerin Faeser äußerte sich aber bereits vor Ablauf der Frist positiv. Gegenüber der "Bild am Sonntag" betonte sie, die Menschen würden dadurch geschützt und Menschenhändler, für die Menschenleben nichts zählten, würden verfolgt werden. Zahlen zu den erfolgten Kontrollen legte sie nicht vor.
Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Sven Hüber sieht durch die Kontrollen bislang keine großen Veränderungen.
Polizeigewerkschaft gibt sich kritisch
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Deutschland (GdP), Sven Hüber, sieht die Grenzkontrollen bisher deutlich nüchterner. Insbesondere im Verfahren der Asylanträge gebe es durch die Kontrollen keine sinkenden Zahlen und keine Entlastung für die Verwaltung.
"Das hat zunächst gebracht, dass es in einem bestimmten Sonderfall, nämlich bei der Kontrolle am Bahnhof Basel Bad und in der Tram mehr Zurückweisungen gibt, weil mehr kontrolliert wird und potenzielle Asylantragsteller dann eben ihr Asylverfahren in der Schweiz durchlaufen müssen und nicht in Deutschland", so Hüber. "Aber insgesamt abgesehen von dieser Sondersituation bringt es, was die Anzahl der Flüchtlingsaufnahmen angeht, nichts." Denn noch immer müsse ja in jedem Fall der Schutzbedarf eines Asylsuchenden geprüft werden.
Auch die Stadt Freiburg kann bisher keine Veränderungen im Sinne rückläufiger Zugänge von unbegleiteten Minderjährigen feststellen. Die Zugangszahlen bleiben auf einem stetig hohen Niveau, heißt es schriftlich von der Pressestelle der Stadt.
Schleuserstrukturen zerschlagen
Den Autoverkehr über die Grenze an der Schweiz kontrollieren die Polizeibeamten an der Grenze stichprobenartig. Es sind rund 16.000 Deutsche, die in Basel arbeiten und den Weg täglich mit dem PKW zurücklegen. Für sie sollte sich nach dem Wunsch von Bundesinnenministerin Faeser möglichst wenig im Alltag ändern, so die SPD-Politikerin vor einer Woche zu Beginn der Maßnahmen.
Markus Dembowski ist einer der Pendler, die täglich in die Schweiz fahren, um dort zu arbeiten. Er kann die Grenze meist unbehelligt passieren. Was die Wirkung der Kontrollen angeht, ist auch er skeptisch: "Einerseits sehe ich es ein, dass auch Migration kontrolliert werden soll. Ich halte aber von der Maßnahme 'Grenzkontrolle', um Migration einzudämmen nichts, weil ich nicht glaube, dass irgendjemand sich abhalten lässt. Es gibt genug Möglichkeiten für Leute, die es unbedingt wollen, die Grenzkontrollen zu umfahren, zu umgehen."
Auch der GdP-Vorsitzende Hüber ist in Betracht der Schleuserfestnahmen nur bedingt von den Kontrollen an der Grenze zur Schweiz überzeugt. Man nehme zwar Schleuser fest, aber: "Ehrlich gesagt sind das immer nur die Fahrer, die letzten Endstücke in der Kette. Und wir müssen als Polizei dahinkommen, mit unseren Partnern in den Nachbarstaaten sozusagen die kriminellen Strukturen im Hintergrund aufzudecken und die Vermögen zu beschlagnahmen und dadurch den Strom zum Versiegen zu bringen." Mit den aktuellen Maßnahmen sei dieser Effekt nicht zu erreichen.
Die neuerlichen Kontrollen an den Landesgrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz erfolgen zunächst für zehn Tage mit dem Starttag 16. Oktober. Sie können bis zu insgesamt zwei Monaten verlängert werden, hieß es aus dem Bundesinnenministerium. Ob die Kontrollen nach dieser Woche weitergeführt werden sollen, steht bisher noch nicht fest.