Vorschläge von EU-Politikern Kommen schärfere Führerscheinregeln?
Dürfen Fahranfänger künftig nicht mehr nachts fahren? Müssen Senioren alle sieben Jahre zur Fahrprüfung? EU-Verkehrspolitiker debattieren über schärfere Regeln. Doch ob sie wirklich kommen, ist fraglich.
Anfang Mai präsentierte die EU-Kommission eine Reform der Führerscheinrichtlinie: Vieles soll vereinheitlicht werden, zum Beispiel das "begleitete Fahren" für Fahranfänger - noch ist es nicht überall in Europa zugelassen. Zudem solle bei älteren Menschen ab 70 Jahren die Fahrtauglichkeit regelmäßig überprüft werden.
Nun hat sich der Verkehrsausschuss des Europaparlamentes des Themas angenommen - von dort kommt die Forderung nach einer "drastischen Verschärfung der Regeln" für den Führerschein, die über das bisher Geplante weit hinausgehen.
Fahranfänger dürften nachts nicht mehr fahren
Die Vorschläge aus dem Verkehrsausschuss haben es in sich: So soll zum Beispiel für Fahranfängerinnen und -anfänger maximal Tempo 90 gelten. Nachts zu fahren könnte ihnen ganz verboten werden. Ein weitere Idee der Verkehrspolitiker: Ab einem Alter von 60 Jahren soll der Führerschein nur noch für sieben Jahre gültig sein - dann soll man ihn neu machen müssen.
Nach dem Willen der Grünen-Fraktion im EU-Parlament müssten Menschen ab 60 Jahren künftig alle sieben Jahre eine Fahrprüfung ablegen.
Pläne gehen über reine Führerscheinreform hinaus
Das Papier mit den Vorschlägen stammt von der grünen Chefin des Verkehrsausschusses, Karima Delli. Die Vorstellungen der Französin, die als parlamentarische Berichterstatterin für das Führerscheinthema die Fäden in der Hand hat, gehen weit über reine Führerscheinreformen hinaus: Beim Thema Führerschein soll es für sie nicht mehr nur rund ums Auto gehen, sondern vor allem um mehr Sicherheit für die, die durch den Autoverkehr besonders gefährdet sind - etwa auf dem Fahrrad.
Darauf müsse die Fahrschulausbildung viel mehr ausgerichtet werden: "Es birgt immer noch zu viele Risiken, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, die Kinder in der Schule abzusetzen oder sie allein fahren zu lassen", so Delli. All das solle nun auch in die aktuelle Reform einfließen und berücksichtigt werden.
Delli nutzt ihren Einfluss an der Spitze des Verkehrsausschusses und als Berichterstatterin. Hier hat sie das Recht, als erste zu sagen, in welche Richtung die Reform gehen soll. Der Widerspruch kam prompt.
"Geht an Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei"
Der FDP-Verkehrspolitiker Jan-Christoph Oetjen warnt vor den möglichen Folgen, falls sich die Grünen im Europaparlament durchsetzen sollten. Vor allem die quasi geplanten Extra-Führerscheine für SUVs dürfe es nicht geben. Denn die Vorschläge sehen vor, dass es für alle Pkw-Führerscheine der Klasse B (alte Klasse 3) künftig eine Gewichtsgrenze von 1.800 Kilogramm geben soll (bisher 3.500 kg). Wer schwerere Autos fahren will, müsste dafür einen eigenen Führerschein machen, der "B+" heißt - und den man erst ab 21 Jahren erwerben darf.
"Das ist völlig inakzeptabel und geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei. Anstatt es schwieriger zu machen, sollten wir lieber entbürokratisieren", so Oetjen.
Der CDU-Verkehrspolitiker im EU-Parlament, Jens Gieseke, spricht von absurden Verboten. Europa solle lieber schlanke Lösungen und gute Standards anbieten. "Besonders abenteuerlich finde ich den Vorschlag, dass die Fahrlehrer verpflichtet werden sollen, Alternativen aufzuzeigen zum Auto - nämlich Bahnfahren und Busfahren. Das ist ehrlich gesagt weit weg von jeglicher Realität", meint Gieseke.
Gesetzgebungsverfahren steht noch am Anfang
In den kommenden Wochen soll auch über die Führerscheinideen der anderen Fraktionen verhandelt und abgestimmt werden, bevor sich das Europaparlament eine Meinung bildet. Das Gesetzgebungsverfahren steht noch am Anfang. Auch die EU-Mitgliedsstaaten haben weitgehende Rechte in diesem Bereich.
Dass es beim ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission bleibt, damit rechnet der CDU-Parlamentarier Gieseke nicht. "Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Grünen mit ihren Verschärfungen durchsetzen, liegt bei fünf Prozent", so Gieseke. Es sei aber auch möglich, dass die Führerscheinreform ganz an die Wand gefahren werde - nämlich dann, wenn sie im Streit ende und in dieser Legislaturperiode nicht beschlossen werde, meint der CDU-Politiker.
"Vorschläge erhöhen Verkehrssicherheit nicht"
Bedenken gegen die Vorschläge hat auch Thomas Rudner, der für die SPD im Verkehrsausschuss des Europaparlamentes sitzt: "Die grünen Vorschläge sind nicht besonders geeignet, die Verkehrssicherheit zu erhöhen." Man könne nicht pauschal sagen, dass man in einem bestimmten Alter ein besonderes Sicherheitsrisiko darstelle. Eine Führerscheingültigkeit von sieben Jahren für über 60-Jährige würde von den Menschen auch nicht akzeptiert.
"Es ist noch nichts entschieden, und so wird es auch nicht kommen", resümiert Rudner. Erst einmal werde in den nächsten Wochen im Verkehrsausschuss über den Vorschlag der EU-Kommission beraten, der in vielen Bereichen vernünftig sei. Im Europaparlament werde dann erst im Mai kommenden Jahres über eine Führerscheinreform entschieden, die abschließend dann noch mit der EU-Kommission und den EU-Staaten beschlossen werden müsse. Das ganze sei noch ein weiter Weg.