Ehrenhain für Afghanistan-Soldaten Das Gewicht des Gedenkens
Über ein Jahr liegt das Ende des Afghanistan-Einsatzes zurück. Nun hat Verteidigungsministerin Lambrecht einen Ehrenhain zum Gedenken an die getöteten Soldaten im Beisein von rund 40 Hinterbliebenen enthüllt.
Satte siebenundzwanzig Tonnen wiegt der Felsbrocken aus dem afghanischen Marmal-Gebirge, der nun in Deutschland nahe Potsdam steht. Doch das emotionale Gewicht, die Bedeutung des Gedenksteins für die Hinterbliebenen, lässt sich nicht in Kilogramm ermessen.
"Für mich ist einfach wichtig, dass er nicht alleine dort gelassen wurde, dass er hier ist, einen sicheren und guten Standort gefunden hat. Und wir jederzeit dort hinkönnen", so fasst Tanja Menz ihre Gefühle in Worte. Deren Sohn Konstantin 2011 im Einsatz getötet wurde. Als im Bundeswehr-Camp "OP North" ein als afghanischer Soldat verkleideter Attentäter das Feuer auf die Deutschen eröffnete.
59 Soldaten starben beim Afghanistan-Einsatz
Konstantin Menz ist einer von 59 Soldaten, die nicht lebend aus dem bislang gefährlichsten Einsatz der Bundeswehr zurückkehrten. "Wir sind heute am emotionalsten Ort der Bundeswehr zusammengekommen, dem 'Wald der Erinnerung", mit diesen Worten leitete Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ihre Ansprache bei der Einweihung des Ehrenhains ein. Jenes Ehrenhains, an dem schon während des Einsatzes die Soldatinnen und Soldaten im einst größten deutschen Feldlager Masar-i-Sharif der Gefallenen Kameraden gedachten. Und zu dem eben auch der gewaltige Findling gehört, den die Bundeswehr per Antonow-Transportmaschine und Tieflader vom Hindukusch in die zentrale Gedenkstätte, in den "Wald der Erinnerung" transportiert hatte.
"Am Ehrenhain endet heute symbolisch die Rückverlegung aus Afghanistan", sagte Lambrecht. "Was nicht endet ist die Aufarbeitung des Einsatzes." Die richtigen militärischen und politischen Lehren zu ziehen, schulde man den Verstorbenen und ihren Angehörigen.
Untersuchungsausschuss hat begonnen
Mit der Aufarbeitung des fast 20-jährigen Einsatzes haben ein Bundestags-Untersuchungsausschuss und eine Enquete-Kommission gerade erst begonnen. Lehren ziehen müsse man, sagt auch Tanja Menz. Eine laute: Mit einer klaren Strategie in einen Einsatz hineingehen und auch mit einer Strategie, wie man ihn wieder beende.
Dass ihr Sohn Konstantin umsonst sein Leben gelassen habe, dass die Mission sinnlos gewesen sei, wie oft geschrieben wurde, findet sie ganz und gar nicht. Die Menschen hätten 20 Jahre lang die Möglichkeit gehabt, Lesen und Schreiben zu lernen und in die Schule zu gehen. Das sei sinnvoll. "Es bewirkt etwas. Wenn diese jungen Frauen die nächste Generation erziehen, machen die das anders, als sie es vorher getan hätten", betont Menz.
Der Findling, der Ehrenhain und die Plakette mit dem Namen ihres gefallenen Sohnes darauf ermöglichen es Tanja Menz, ihrem Sohn näher zu sein als bisher. Für sie ist es ein Ort der Trauer und des Trostes in einem.
Lambrecht: "Gedenken ist gesellschaftliche Aufgabe"
Ministerin Lambrecht sieht in dem Gedenken an die Gefallenen eine "gesellschaftliche Aufgabe": "Für die Truppe ist es wichtig zu wissen: Die Verstorbenen und Gefallenen und ihre Hinterbliebenen werden niemals vergessen." Der "Wald der Erinnerung" ist ein öffentlicher Ort. Theoretisch kann dort jeder der Soldatinnen und Soldaten gedenken, die nicht lebend aus ihren Einsätzen heimkehrten.
Insofern verkörpert der 27-Tonnen-Findling auch den Versuch, Truppe und Gesellschaft ein Stück näher zusammenzubringen. Zumindest allen Abgeordneten des Bundestags empfiehlt Lambrecht, mindestens ein Mal den "Wald der Erinnerung" zu besuchen. Schließlich sind sie es, die letztlich darüber entscheiden, ob deutsche Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätze geschickt werden.