Afghanistan Dutzende Ex-Ortskräfte inzwischen tot
Dutzende ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr, die nach der Machtübernahme der Taliban noch aus Afghanistan evakuiert werden sollten, sind inzwischen tot. Das bestätigte die Bundesregierung. Nicht alle starben eines natürlichen Todes.
Die Bundesregierung hat eingeräumt, dass mehr als 30 ehemalige Ortskräfte und andere gefährdete Menschen, die noch aus Afghanistan evakuiert werden sollten, inzwischen ums Leben gekommen sind. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor. Diese liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor, zuvor hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
In ihrer Antwort listet die Bundesregierung dem Bericht zufolge die Ursachen für den Tod der Afghaninnen und Afghanen auf. Demnach starben 15 Menschen eines "natürlichen Todes oder bei einem Unfall". Neun Menschen wurden gewaltsam getötet: Eine Ortskraft sei bei einem IS-Anschlag auf eine Moschee gestorben, ein Familienmitglied einer besonders gefährdeten Person bei einem Anschlag vor einer Passbehörde. Ein Verwandter einer Ortskraft sei umgebracht worden, weil er einst den afghanischen Streitkräften angehört habe. Bei sieben Personen war die Todesursache demnach unklar, eine Ortskraft beging Suizid.
Mehr als 36.000 Aufnahmen zugesagt
Insgesamt habe die Bundesregierung in den vergangenen 15 Monaten mehr als 36.000 Aufnahmen für ehemalige afghanische Ortskräfte und weitere besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen jeweils einschließlich ihrer berechtigten Familienangehörigen zugesagt. Mehr als zwei Drittel der Menschen, die eine Zusage für Deutschland erhalten hatten, konnten demnach inzwischen aus Afghanistan ausreisen - meist über Pakistan.
Als problematisch bei der Ausreise der Verbliebenen erweist sich unterem anderem, dass die Taliban einen Reisepass verlangen, den aber nicht alle Betroffenen besitzen.
Linken-Abgeordnete Bünger spricht von "Desaster"
Die Linken-Abgeordnete Bünger nennt die Bilanz im "Spiegel" ein "Desaster". Die alte Regierung habe sträflich dabei versagt, gefährdete Menschen rechtzeitig aus Afghanistan herauszuholen. "Und die neue Regierung hat es nicht einmal geschafft, wenigstens diejenigen in Sicherheit zu bringen, die eine Aufnahmezusage erhalten haben."
Die Bundeswehr war Ende Juni 2021 nach fast 20 Jahren aus Afghanistan abgezogen. Die Taliban hatten Mitte August 2021 ohne größere Gegenwehr der afghanischen Streitkräfte in der Hauptstadt Kabul die Macht übernommen. Seit Juli beschäftigt sich auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit den damaligen Vorgängen. Dabei geht es auch um das Schicksal der Ortskräfte, die immer noch auf die Ausreise nach Deutschland warten.