"Cyberbunker"-Betreiber Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilungen
Webhoster, die darauf ausgerichtet sind, Straftaten über ihre Server zu ermöglichen, machen sich strafbar. Auch, wenn sie nicht an den konkreten Taten beteiligt sind. Das hat der BGH nun bestätigt.
Sie warben damit: Über ihre Server könne man alles verbreiten, außer Kinderpornografie und Terrorismus. Und sie sicherten ihren Kunden zu, sie immer online zu halten und als sogenannter Bulletproof-Server vor staatlichem Zugriff zu schützen - die Betreiber des "Cyberbunkers".
Im beschaulichen Traben-Trarbach an der Mosel hatten sie einen ehemaligen NATO-Bunker gekauft. Dort betrieben sie drei Stockwerke unter der Erde ein gigantisches Daten- und Rechenzentrum. Gegen Geld oder Bitcoins vermieteten sie die Server an ihre Kunden.
250.000 Straftaten im Darknet
Durch diese Kunden wurden über die Server etwa 250.000 Straftaten im Darknet begangen. Drogen- und Waffenhandel, Hackerangriffe, sogar Mordaufträge sollen dabei gewesen sein.
Lange beobachteten die Ermittler das Geschehen, schleusten auch verdeckte Ermittler in die Gruppe ein. Im September 2019 dann der Zugriff: Während die Betreiber in einer Gaststätte festgenommen wurden, hoben mehrere Hundertschaften der Polizei den Bunker aus und beschlagnahmten Hunderte von Servern.
Mammutprozess am Landgericht Trier
Vor dem Landgericht Trier saßen erstmals nicht die "eigentlichen Täter", die Drogenhändler, Waffenhändler und Hacker auf der Anklagebank. Sondern diejenigen, die die Geschäfte als Webhoster technisch möglich gemacht hatten. Die Frage war: Ist das ein strafbares Verhalten? Die Angeklagten betonten, sie hätten lediglich Technik vermietet, mit den Straftaten nichts zu tun.
Nach einem Mammutprozess verurteilte das Landgericht Trier die acht Angeklagten wegen der "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung" zu Haftstrafen zwischen einem und fast sechs Jahren. Allerdings verurteilten sie die Betreiber nicht zusätzlich wegen der Beihilfe zu den konkreten Taten im Hintergrund.
BGH bestätigt beide Punkte im Wesentlichen
Vier Jahre nach dem Ausheben des "Cyberbunkers" hat nun der Bundesgerichtshof das Urteil im Wesentlichen bestätigt. Das Landgericht Trier habe ohne Rechtsfehler entschieden, dass es sich bei den Betreibern um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des Strafgesetzbuchs gehandelt habe.
Die Angeklagten hätten alle von dem Geschäftsmodell gewusst. Ihnen sei auch bekannt gewesen, dass es ein wesentlicher Bestandteil war, die Kunden weiter online zu halten und zu schützen. Auch dann, wenn den Betreibern von Straftaten berichtet wurde. Übergeordnetes Ziel der Vereinigung sei es also gewesen, bei Straftaten zu helfen, diese möglich zu machen. Die Voraussetzungen der "kriminellen Vereinigung" seien deshalb erfüllt.
Keine zusätzliche Beihilfe zu den Taten
Allerdings bestätigten die obersten Strafrichterinnen und Strafrichter auch die Teilfreisprüche wegen der Beihilfe zu den Taten, die über ihre Server begangen wurden. Hierfür reiche es nicht, dass die Angeklagten ganz allgemein von irgendwelchen Straftaten wussten. Und auch nicht, dass sie jedes strafbare Verhalten fördern wollten.
Für eine Verurteilung wegen Beihilfe zu einer Tat muss der Täter die wesentlichen Bestandteile der Tat selbst kennen. Weil das Landgericht Trier aber nicht nachweisen konnte, dass die Angeklagten von den einzelnen Taten konkret wussten, habe es hier zu recht freigesprochen.
Nur noch wenige Punkte offen
Nur in Detailfragen hat der Bundesgerichtshof das Urteil aus Trier aufgehoben. Das Gesetz sieht vor, dass die Gegenstände, die für eine Tat genutzt wurden, vom Gericht eingezogen werden können. Das hatte das Landgericht Trier bei den genutzten Servern möglicherweise nicht richtig gemacht. Eine andere Kammer des Gerichts muss dies nun erneut prüfen.
Die Verurteilungen der Angeklagten aber sind jetzt rechtskräftig. Durch die erstmalige Verurteilung von Webhostern wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ist nun klar: Betreiber, die darauf ausgerichtet sind, Straftaten über ihre Server zu ermöglichen, machen sich strafbar. Auch, wenn sie an den konkreten Taten nicht beteiligt sind.