Geplante Cannabisfreigabe Kritik am fehlenden Schutz von Jugendlichen
Die Bundesregierung will den Konsum von Cannabis teilweise freigeben - und hat dazu gestern ihre Pläne vorgestellt. Doch die stoßen auf teils heftige Kritik. Die Sorge gilt vor allem dem Schutz von Jugendlichen.
Die geplante teilweise Freigabe des Cannabis-Konsums stößt wegen möglicher Folgen für Jugendliche auf teils heftige Kritik. Kinder- und Jugendärzte fürchten angesichts der Pläne einen erhöhten Cannabis-Konsum von Minderjährigen.
Die Erfahrungen mit Alkohol zeigten, dass es für Jugendliche kein Problem sei, an legalisierte Drogen zu kommen, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Burkhard Rodeck, der "Rheinischen Post". "Das ist nach der Legalisierung des Cannabis-Konsums für diese suchterzeugende Substanz auch nicht anders zu erwarten."
"Das Angebot für diese Altersgruppe wird durch die Freigabe ab 18 Jahren nicht limitiert, sondern im Gegenteil eher erweitert", sagte Rodeck. Die Gefahren des Cannabis-Konsums in jugendlichem Alter seien eindeutig. Das zeige eine vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebene Studie. "Regelmäßiger Cannabis-Konsum bei Jugendlichen führt zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn mit Einschränkungen von Aufmerksamkeit, Denkleistung, Intelligenz und sozialer Kompetenz."
Warnungen auch von Apothekern
Auch Apotheker warnen vor den Gefahren für Jugendliche. Der Apothekerverband Nordrhein sprach sich gegen eine Rolle der Apotheken in der Cannabisabgabe im Rahmen von Modellprojekten aus. "Wenn Cannabis in Modellregionen erprobt wird, wird dies über die Apotheken laufen müssen, um die wissenschaftliche Begleitung abzusichern. Auf diese zusätzliche Aufgabe legen die Apotheken allerdings keinen Wert", sagte der Chef des Apothekerverbands, Thomas Preis, der "Rheinischen Post". Er warnte vor den Gefahren der Cannabis-Legalisierung für Jugendliche. "Auch die abgespeckte Version der Cannabis-Legalisierung ist medizinisch und pharmazeutisch nicht vertretbar."
Unzureichender Kinder- und Jugendschutz
Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja sah einen unzureichenden Kinder- und Jugendschutz. "Wir lehnen deshalb die jetzt vorgelegten Vorschläge zur Freigabe der Cannabis-Droge entschieden ab", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
"Wer staatlich kontrollierte Cannabis-Clubs einrichten will und Modellprojekte zum kommerziellen Anbau und Verkauf von Cannabis in Deutschland plant, der hält junge Menschen nicht von den Drogen fern, sondern führt sie geradezu an den Konsum heran", kritisierte die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär in der "Augsburger Allgemeinen".
Drogenbeauftragter sieht Nachbesserungsbedarf
Der Drogenbeauftragte Burkhard Blienert sieht die Freigabe positiver. Der SPD-Politiker begrüßte die Eckpunkte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe als "wichtigen Schritt zu mehr Gesundheits- und Jugendschutz und zu mehr Prävention".
Zugleich gebe es aber noch einiges zu tun. Blienert mahnte mehr "örtliche Prävention und Suchthilfe" an. Vor allem müsse es "an jeder Schule" Angebote zur Suchtvorbeugung geben, sagte der Drogenbeauftragte.
Lauterbach verteidigte die Regierungspläne
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte am Mittwoch in den tagesthemen die Pläne der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis verteidigt. "Mit der jetzigen Verbotspolitik haben wir keine Erfolge", sagte der SPD-Politiker. Es sei ein guter Kompromiss, dass der Anbau über eine Mitgliedschaft im Verein organisiert werde.
Zuvor hatte Lauterbach zusammen mit Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) Pläne der Ampelkoalition für eine Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Demnach soll die Abgabe von Cannabis an bestimmte Voraussetzungen gebunden sein. So sollen Verbraucher einem Verein - einem sogenannten Cannabis-Social-Club - beitreten, auch werde die tägliche und monatliche Abgabe rationiert.
Nach den Vorstellungen der Regierung soll eine kommerzielle Verbreitung von Cannabis zunächst in einem Modellprojekt in verschiedenen Modellregionen geprüft werden. Dazu gebe es nach der parlamentarischen Sommerpause einen Entwurf. Die Auswertung des Modells werde etwa fünf Jahre dauern.