ARD-Zukunftsdialog Jetzt ist das Publikum gefragt
Wie soll die ARD in Zukunft aussehen? Diese Frage will der Senderverbund gemeinsam mit dem Publikum beantworten. Auf einer Onlineplattform können Zuschauer und Hörer nun mitdiskutieren und ihre Ideen einbringen.
"Mehr anspruchsvolle Formate", "weniger politische Alphatiere in den Talkshows", "mehr Programm für die ganze Familie" - das sind nur einige der Wünsche von Zuschauerinnen und Zuschauern, die am Zukunftsdialog der ARD teilnehmen.
Gemeinsam diskutieren
"Redet nicht über uns, sondern mit uns", erklärt die 37-jährige Meryem Erkus. Sie plädiert dafür, nicht nur über marginalisierte Gruppen zu berichten, sondern mit ihnen gemeinsam zu entscheiden, welche Formate herausgebracht werden. Zusammen mit 140 anderen Teilnehmern hatte sie an der digitalen Auftaktveranstaltung des ARD-Zukunftsdialogs Anfang Mai teilgenommen und vier Stunden lang mitdiskutiert. Mehr Diversität wünscht sie sich, jüngere Formate und einen Apparat, der schneller auf Kritik reagiert.
Genau darum geht es beim ARD-Zukunftsdialog: Waren es bislang vor allem Politiker und Programmmacher, die über die Zukunft der ARD debattierten, so können sich nun diejenigen einbringen, für die die Programme produziert werden. In den kommenden vier Wochen können sich Zuschauer und Hörer auf einer digitalen Plattform an der Diskussion über die Zukunft der ARD beteiligen.
"Wir sind ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk", erklärt Helge Fuhst, Zweiter Chefredakteur von ARD-aktuell. "Da gehört es dazu, dass über uns diskutiert wird." Noch wichtiger sei aber: "Gemeinsam diskutieren, einen Dialog führen. Nur so können wir Teil der Gesellschaft bleiben."
Mehr als 30 Vertreter aus den Landesrundfunkanstalten nahmen am Auftakt-Workshop teil, darunter neben Tom Buhrow und Helge Fuhst auch Weltspiegel-Moderatorin Natalie Amiri und Florian Hager, Leiter der Mediathek.
"Wir brauchen den direkten Input"
Ins Leben gerufen wurde das Format von WDR-Intendant Tom Buhrow. "Wir haben auf Empfang geschaltet und wollen zuhören, so wie andere Firmen auch, die wissen wollen, was Kunden über sie denken", sagt der derzeitige Vorsitzende der Intendantenrunde. "Wir brauchen den direkten Input unserer Zuschauerinnen und Zuschauer."
Zum Auftakt diskutierten Zuschauer, die nach dem Zufallsprinzip ausgelost wurden, in einer Videokonferenz mit mehr als 30 Vertretern aus den Landesrundfunkanstalten über die Zukunft des Senderverbunds. Die sieben Themenbereiche, die sich daraus ergaben, dienen nun als Grundlage für die Dialogplattform, auf der sich nun Zuschauerinnen und Zuschauer einen Monat lang beteiligen können. In Themenräumen können sie mitdiskutieren. "So wie sich Redaktionen nach ihren Sendungen in Kritikrunden austauschen, so machen wir das jetzt für das gesamte Programm der ARD", erklärt Buhrow.
Mediathek wird immer wichtiger
Clemens Glaser, ein 30-jähriger Ingenieur aus Dresden, war beim Auftakt-Workshop dabei, weil er die ARD wichtig für den Wissentransfer findet. "Ich würde mir weniger Quizsendungen wünschen und dafür mehr Bildungsfernsehen." Außerdem hofft Glaser auf Verbesserungen in der Mediathek. "Man will nicht lange suchen, doch manchmal findet man Dokus oder Filme nicht, wenn man den Titel nicht kennt", klagt er.
Die Mediathek ist zweifellos eines der großen, immer wiederkehrenden Themen in der Diskussion um die Zukunft der ARD. Als Ingenieur ist Glaser viel unterwegs. "Die Flexibilität, die man von uns als Arbeitnehmer erwartet, sollte auch das Fernsehprogramm der ARD aufbringen", meint er und schlägt vor, dass die Inhalte länger in der Mediathek zugänglich bleiben. "Das ist vielen Menschen ein Anliegen, vor allem den Jüngeren."
"Die Mediathek ist zentral für die Zukunft der ARD", sagt auch Buhrow. "Wenn man zehn Jahre nach vorne schaut, werden Media- und Audiothek noch wichtiger sein als heute." Er ist überzeugt, dass die ARD so junge Menschen zurückgewinnen kann, die schon lange nicht mehr linear schauen. "Am Ende sollen Nutzer nicht in verschiedenen Mediatheken gucken müssen, sondern alles unter demselben Dach auffinden können", sagt Buhrow.
"An einem Ort bündeln, das ist das Gebot der Stunde", sagt WDR-Intendant Tom Buhrow. "Das will der Nutzer: einfach, schnell benutzerfreundlich."
"Nur reinstellen reicht nicht"
Um das umzusetzen, den riesigen Fundus der ARD sinnvoll zu sortieren und die Mediathek zum digitalen Standbein der ARD zu machen, ist Florian Hager als Leiter der ARD-Mediathek angetreten. "Es soll Spaß machen auf den Plattformen", erklärt er im Podcast zum Zukunftsdialog. Zukünftig solle die Mediathek nicht nur die "Verpassfunktion" des Ersten sein, sondern Inhalte von Das Erste, den dritten Programmen, ONE und ARTE zusammenführen. "Ein riesiger Fundus, bisher noch nicht optimal sortiert", sagt Hager. "Nur reinstellen reicht nicht. Wir müssen die Inhalte vernetzen."
Die Suchmaschine funktioniere noch nicht so, wie sie soll, räumt Hager ein. Doch sie soll noch in diesem Jahr verbessert werden. "Amazon und Netflix haben Standards gesetzt, die das Nutzerverhalten geprägt haben", erklärt er. "Da wollen wir auf Augenhöhe sein." Hager will die Aufbruchstimmung, die auch durch den Zukunftsdialog entstanden ist, nutzen.
Abschluss im November
Die Anregungen der Zuschauer und die Debatten auf der Onlineplattform sollen in die Arbeit in den einzelnen Funkhäusern und Gremien einfließen. "Die Transparenz wird dafür sorgen, dass die Ergebnisse in jeder Landesrundfunkanstalt diskutiert werden", erklärt Buhrow. "Die ganze ARD steht hinter diesem Projekt. Die ARD der Zukunft wird Sender sein, Empfänger und Plattform für Austausch." Im November wird in einer virtuellen Abschlussveranstaltung zusammen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Auftaktveranstaltung der Prozess abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen dann in einem Abschlussbericht veröffentlicht werden.
"Die Stärke der ARD und unserer Sendungen ist schon immer, vor Ort fest verwurzelt zu sein", sagt Fuhst. Er findet es wichtig, "dass wir jetzt mit dem ARD-Zukunftsdialog überprüfen, wie fest diese Wurzeln noch sind, wie gut wir die Lebenswirklichkeit der unterschiedlichsten Gruppen und Menschen in unserer Gesellschaft weiterhin abdecken. Und anschließend müssen wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen".