ARD-Experte zur Bomben-Attrappe in Namibia "Jemand hätte auf den Test hinweisen müssen"
Eine Bomben-Attrappe hat für großen Wirbel gesorgt: Auf dem Flughafen in Windhuk mussten knapp 300 Passagiere stundenlang warten, bis sie schließlich nach München fliegen konnten. Und in Deutschland wurde bereits über die Konsequenzen des vermeintlichen Anschlagsversuchs diskutiert. Inzwischen steht fest: Es handelte sich um einen Testlauf. Warum niemand Entwarnung gegeben hat - darüber hat tagesschau.de mit dem ARD-Terrorismusexperten Holger Schmidt gesprochen.
tagesschau.de: Sind solche Testläufe mit Bomben-Attrappen üblich?
Holger Schmidt: Testläufe von Sicherheitsbehörden sind auf allen internationalen Flughäfen gängig. Denn Sicherheitsvorkehrungen nützen nur dann etwas, wenn sie auch funktionieren. Solche Kontrollen sind beispielsweise auch auf dem Frankfurter Flughafen ständige Praxis. Dabei wird versucht, verdächtige Gegenstände, Personen oder auch Waffen in die Sicherheitsbereiche zu schmuggeln. Falls das niemandem auffällt, kann das für die betroffenen Mitarbeiter sehr ernste arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.
tagesschau.de: Warum hat unmittelbar nach Bekanntwerden des Zwischenfalls niemand Entwarnung gegeben?
Schmidt: Solche Kontrollen machen nur Sinn, wenn die Betroffenen davon absolut nichts erfahren. Eine Kontrolle wäre sinnlos, wenn es schon im Vorfeld entsprechende Hinweise an die Mitarbeiter geben würde. Daran kann keiner ein Interesse haben. Deshalb ist es möglich, dass ein Testlauf so stark geheimgehalten wird, dass erstmal wirklich von einer realen Bedrohung ausgegangen wird.
tagesschau.de: Wie hätte der Fehlalarm vermieden werden können?
Schmidt: Die Sicherheitsbehörde muss dafür sorgen, dass kein Fehlalarm ausgelöst wird - wie es hier passiert ist. Ein Verantwortlicher hätte in Reichweite sein müssen, um auf den Test hinweisen zu können. Ich bin gespannt, ob sich noch aufklärt, warum das nicht passiert ist.
tagesschau.de: War die Aufregung in Deutschland damit möglicherweise unbegründet?
Schmidt: Das Bundeskriminalamt hat schon in der ersten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass hier noch vieles im Vagen ist. Im Grunde muss man die Frage stellen, ob nicht auch wir Medien in der Berichterstattung über diesen Vorfall möglicherweise etwas übertrieben reagiert haben. Es ist natürlich auch für die Behörden eine zwiespältige Geschichte. Wir sind in einer Phase, in der es eine erhöhte Terror-Bedrohung gibt. Aus Sicht des Bundeskriminalamts war es sicher vernünftig, über den Zwischenfall zu informieren und auch auf die offenen Fragen hinzuweisen. Das ist in der Berichterstattung möglicherweise zu kurz gekommen.
Die Fragen stellte Yannick Christmann, tagesschau.de