Generaldebatte im Bundestag "Ersparen Sie sich Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit"
Gegenseitige Vorwürfe in der Generaldebatte: Oppositionsführer Merz hat einer Zusammenarbeit mit der Ampel-Regierung eine Absage erteilt. Kanzler Scholz warf Merz mangelnden ökonomischen Sachverstand vor.
In der Generaldebatte in der Haushaltswoche haben sich Oppositionsführer Friedrich Merz und Bundeskanzler Olaf Scholz einen Schlagabtausch geliefert. Den Aufschlag machte Unionsfraktionschef Merz - und er stellte klar, dass eine Zusammenarbeit der Union mit der Ampelkoalition für ihn prinzipiell nicht infrage kommt. "Bitte ersparen Sie sich und uns in Zukunft Ihre Aufrufe zur Zusammenarbeit", sagte der CDU-Vorsitzende.
Diese Aufrufe seien nichts anderes als reine politische Rhetorik. Die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre hätten gezeigt, dass die Koalition an einer wirklichen Zusammenarbeit nicht ernsthaft interessiert sei, kritisierte Merz.
Union gegen Aussetzen der Schuldenbremse
Während die Union - wie etwa beim Sondervermögen für die Bundeswehr - zugestimmt habe, halte sich die Regierung nicht an Vereinbarungen. Der CDU-Chef betonte, man sei daher auch sehr zurückhaltend, wenn es um weitere Grundgesetzänderungen gehe. Eine Zustimmung zu einer Aufweichung der Schuldenbremse schließe er erneut aus. "Damit können Sie nicht rechnen."
"SPD ist Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit"
Merz hielt der Ampel vor, die Wachstumsschwäche Deutschlands habe überwiegend strukturelle und von der Regierung verantwortete Gründe. Er sprach von Fehlsteuerungen etwa in der Sozial-, Energie- und Klimapolitik. So sei das "System Bürgergeld" das genaue Gegenteil von dem, was gebraucht werde, um die Leistungsbereitschaft wieder zu fördern.
Die SPD sei zu einer Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit geworden und nicht mehr eine Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Deutsch-französische Beziehung vertiefen
Bei der Außenpolitik forderte Merz zu einem engeren Schulterschluss mit Frankreich auf. Berlin und Paris sollten gemeinsam eine Führungsrolle in Europa einnehmen. Scholz solle die ausgestreckte Hand des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ergreifen und gemeinsam "neue Initiativen erarbeiten, um die Handlungsfähigkeit Europas unter Beweis zu stellen", sagte der CDU-Vorsitzende.
Die Vorschläge sollten Europa auch auf einen möglichen Wechsel in den USA hin zum früheren Präsidenten Donald Trump vorbereiten, ergänzte Merz.
Lob für Proteste gegen Rechtsextremismus
Merz begrüßte die großen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in vielen Städten. "Die Wählerinnen und Wähler der AfD sind nicht alle rechtsradikal, aber sie sind alle ziemlich frustriert", sagte er.
Die Lösung des Problems bestehe offensichtlich darin, dass die Koalition die Probleme des Landes lösen müsse.
Scholz wirft Merz Unfähigkeit vor
Scholz reagierte scharf auf die Kritik des Oppositionsführers. Er warf Merz vor, die CDU habe keine Perspektive für die Zukunft Deutschlands. "Was hat eigentlich ihr politisches Programm mit der Zukunft Deutschlands zu tun? Nichts, das ist die Antwort", so der Kanzler.
"Wie kann man so die Zukunft Deutschlands verspielen wollen, wie Sie das tun. Ökonomischer Sachverstand: Null. Das ist die Wahrheit. Keine Perspektive für Deutschland. Keine industrielle Perspektive. Keine Perspektive für die Arbeitsplätze", rief Scholz Merz zu.
Der Unionsfraktionschef habe offensichtlich nichts gelernt. "All die Wachstumsbremsen, die Sie für Deutschland gezogen haben, die wollen Sie wieder ziehen." Die Ampel sei dabei, das aufzuräumen, was zu Zeiten der unionsgeführten Regierung liegen geblieben sei, sagte Scholz.
"Und es ist sehr viel liegen geblieben", ergänzte der Kanzler. "Über sehr, sehr, sehr viele Jahre sind die entscheidenden Weichen nicht gestellt worden, damit Deutschland eine industrielle Zukunft haben kann."
Scholz: Regierung holt Versäumnisse der Union auf
Nachdem die Union etwa "wirklich im Untergrundkampf und intensiv" dafür gesorgt habe, "dass es keinen Ausbau der Netze in Deutschland gibt", habe sie Verantwortung dafür, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht vorangekommen sei und nichts für eine Wasserstoffindustrie und -struktur für Deutschland getan worden sei. Alle diese Dinge fänden nun mit der Ampel-Regierung statt - "zwei Jahre haben wir Tempo gemacht, wo Tempo notwendig war", rief Scholz.
"Wer boxt, der soll kein Glaskinn haben"
Der Bundeskanzler warf Merz zudem Empfindlichkeit und mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. Der Unionsfraktionschef teile jeden Tag gegen die Bundesregierung aus, was sein Recht sei. "Aber wenn Sie dann mal kritisiert werden, dann sind Sie eine Mimose. Ich finde, wer boxt, der soll kein Glaskinn haben. Aber Sie haben ein ganz schönes Glaskinn, Herr Merz."
Scholz hielt dem CDU-Vorsitzenden vor, Gespräche über eine Zusammenarbeit zur Eindämmung der irregulären Migration beendet zu haben. "So eine Hasenfüßigkeit, vor der eigenen Verantwortung davonlaufen, das habe ich noch nicht erlebt, Herr Merz. So viel Feigheit vor der eigenen Courage habe ich noch nie gesehen."