Gegen Hunger und Klimawandel Proteste vor G7-Gipfel
Vor Beginn des G7-Gipfels haben mehrere Tausend Menschen an den angekündigten Protesten in München teilgenommen. Die Veranstalter hatten mehr erwartet. Viele seien durch den Ukraine-Krieg verunsichert, hieß es, trotzdem sei man "hochzufrieden".
Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in München friedlich gegen die Politik des G7-Gipfels auf Schloss Elmau protestiert. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich etwa 4000 Menschen an einer Kundgebung und anschließenden Demonstration, nach Angaben der Organisatoren waren es etwa 6000 Menschen. Die Proteste standen unter dem Motto "Gerecht geht anders".
Die Demonstration habe bis auf zwei kleine Zwischenfälle am Rande kein Eingreifen der Polizei erfordert und sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Gegen Ende der Versammlung sei es im Bereich der Theresienwiese zu einer Festnahme und in der Folge zur kurzzeitigen Konfrontation zwischen einigen Demonstranten und Einsatzkräften gekommen. Zwei Beamte seien leicht verletzt worden, teilte die Polizei mit. Die Situation habe sich aber recht schnell wieder entspannt.
Innenministerin Nancy Faeser hatte im Vorfeld zur Gewaltfreiheit aufgerufen. "Ich erwarte von allen Demonstranten, dass sie friedlich protestieren, niemanden verletzen und keine Autos oder Geschäfte zerstören", sagte Faeser dem Nachrichtenportal t-online. In den vergangenen Jahren war es im Umfeld von G7-Treffen immer wieder zu Ausschreitungen und Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei gekommen.
Offenbar nicht die Zeit für Gegenpositionen
Aufgerufen hatten mehr als 15 Verbände und Organisationen. Der Anmelder der Kundgebung, Uwe Hiksch von den Naturfreunden, erklärte, man sei deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Wir haben den Eindruck, dass ganz viele Menschen durch den Krieg in der Ukraine verunsichert sind", sagte Hiksch. Gerade im rot-grünen Spektrum, das man normalerweise für so eine Demo mobilisiere, gebe es derzeit viele Menschen, die sagten: "Es ist jetzt nicht die Zeit, dass man eine Gegenposition zu den Regierungschefs bezieht."
Aktivisten zeigten sich schon am Anfang des Protests verwundert und überrascht über den geringen Zulauf bei einer Startkundgebung auf der Theresienwiese. "Wir sind enttäuscht", sagte die 46-jährige Andrea von Greenpeace aus Hannover. Es wirke so, als ob nur Organisationen vor Ort seien, aber niemand aus der Bevölkerung.
Ähnlich äußerte sich der 50-jährige Thorben Becker aus Berlin, der für den Bund für Umwelt und Naturschutz nach Bayern gefahren war. Er hätte sich mehr Demonstranten erhofft, aber es gebe derzeit nicht das eine Aufregerthema wie TTIP oder Trump, das die Leute mobilisieren könne. Der Krieg in der Ukraine sei schlimm und betreffe viele Menschen, aber man spüre, dass sich die Politik ernsthaft bemühe, meinte er.
Zeichen setzen für Wunsch nach anderer Politik
Die Teilnehmenden forderten die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der G7-Staaten auf, Armut entschieden zu bekämpfen und als Konsequenz aus dem russischen Krieg gegen die Ukraine die Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle zu beenden sowie stärker gegen die weltweite Hungerkrise aktiv zu werden.
In einer gemeinsamen Erklärung des Demo-Bündnisses hieß es, die bunte Demonstration sei "ein klares Zeichen dafür, wie stark der Wunsch vieler Menschen nach einer grundlegend anderen Politik der G7-Staaten ist". Die G7-Staaten müssten "endlich entschlossen gegen den Klimawandel vorgehen, die Zerstörung der Natur beenden sowie Hunger, Armut und Ungleichheit bekämpfen". Außerdem forderten die Demonstrierenden eine aktive Friedenspolitik. So sollen deutlich mehr Mittel für die Krisenprävention, zivile Konfliktbearbeitung und Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden, hieß es.
Dreitägiges Treffen auf Schloss Elmau
Offiziell startet der G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Oberbayern am Sonntag. Bis zum 28. Juni treffen sich dort die Staats- und Regierungschefs von sieben führenden westlichen Industriestaaten und einigen Gastländern. Neben Deutschland gehören der G7-Gruppe die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an.
Nach Angaben des Weißen Hauses ist US-Präsident Joe Biden inzwischen nach Bayern aufgebrochen. Die Air Force One mit dem US-Präsidenten an Bord sollte am späten Abend in München landen. Von dort aus wollte Biden nach Elmau weiterfliegen. Noch vor Beginn des Gipfels will Biden zu einem bilateralen Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammenkommen.
Scholz: Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen
Scholz formulierte inzwischen seine Agenda für das Treffen in Elmau: Mit den G7-Partnern wolle er nach Lösungen für die Energiekrise und die steigende Inflation suchen. "Viele Dinge, die wir einkaufen, sind teurer geworden. Lebensmittel, aber eben ganz besonders die Preise für Energie. Das merken wir an der Tankstelle, das merken wir, wenn wir die Heizrechnung bezahlen müssen. Heizöl, Gas alles viel teurer als noch vor einem Jahr. Deshalb müssen wir uns darauf vorbereiten", sagte Scholz in seiner Videobotschaft "Kanzler kompakt".
Deutschland müsse sich mit anderen absprechen, was zu tun sei. "Denn das werden wir nur gemeinsam bewältigen können, was an Herausforderungen mit dieser neuen Situation sich für uns alle ergibt." Politisch wolle man das alles international mit den G7 besprechen, sagte Scholz. Es gehe um die aktuelle Krise und darum, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten mit einer Abkehr von der Nutzung fossiler Energien. Eine Aufgabe sei es, einen "Klimaclub" zustande zu bringen, in dem die Staaten zusammenarbeiten, die das erreichen wollten.