Bundesverfassungsgericht Eilantrag der Fleischindustrie abgelehnt
Seit Jahresbeginn sind Werkverträge in der Fleischindustrie nicht mehr erlaubt, ab April wird auch die Leiharbeit eingeschränkt. Mehrere Betriebe und eine Arbeiterin wollten die neuen Regeln per Eilantrag in Karlsrihe stoppen - erfolglos.
Geklagt haben mehrere Firmen aus der Fleischwirtschaft, aber auch Unternehmen, die nicht schlachten, sondern nur Wurst verarbeiten oder sogenannte Convenience-Produkte herstellen, also mehr oder weniger vorgefertigte Gerichte. Teilweise sind es familiengeführte mittelständische Unternehmen mit 200 bis 300 Mitarbeitern.
Seit dem 1. Januar sind Werkverträge grundsätzlich in dieser Branche verboten. Das heißt, wer in einer Fleischfabrik arbeitet, muss in diesem Unternehmen ganz regulär angestellt werden. Leiharbeit, also Mitarbeiter von anderen Firmen anzumieten, ist ab April nur noch sehr eingeschränkt möglich.
Schwere Nachteile befürchtet
Über neun Anträge hatte das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Neben mehreren Firmen hatte auch eine einzelne Frau geklagt, die von einem Werkvertragsunternehmen an einen Fleischbetrieb vermittelt worden war. Alle machen geltend: Das neue Recht bringe für sie schwere Nachteile. Aber die Kammer mit zwei Verfassungsrichterinnen und einem Verfassungsrichter lehnte es ab, die ganze Sache im Eilverfahren zu stoppen.
Bei der klagenden Mitarbeiterin sagten sie, die Frau müsse sich doch keine Sorgen machen. Gerade wenn die Betriebe nicht mehr auf Fremdpersonal zugreifen könnten, sei doch naheliegend, dass sie jetzt diejenigen einstellen, die bereits eingearbeitet sind. Auch für die Unternehmer brächten die neuen Regeln nicht zwingend Nachteile. Denn sie könnten ja die Mitarbeiter selbst anstellen. Das müsse durchaus nicht für die Ewigkeit sein. Denkbar sei ja auch, befristete Verträge abzuschließen oder Arbeitszeitkonten zu vereinbaren.
Betriebe konnten sich seit Sommer vorbereiten
Überhaupt hätten die Firmen viel genauer belegen müssen, welche erheblichen finanziellen Einbußen für sie denn mit dem neuen Gesetz zu befürchten seien, argumentierten die Karlsruher Richter. Sie hätten konkret darlegen müssen, wieso sie Unterkünfte für Saisonarbeiter oder geleaste Fahrzeuge nicht kündigen können. Dass die Existenz der Firmen gefährdet sei, können die Richter nicht nachvollziehen. Im Übrigen habe sich seit dem Sommer abgezeichnet, dass ein neues Gesetz kommt, als die vielen Corona-Fälle in den Betrieben bekannt wurden. Die Branche hätte sich also mehrere Monate drauf einstellen können.
Die endgültige Entscheidung zu den neuen Regeln kommt wahrscheinlich erst viel später. Aber es ist schon an diesem vorläufigen Votum zu erkennen: Die Verfassungsrichter haben Sympathie dafür, dass der Gesetzgeber mehr Arbeitsschutz in der Fleischwirtschaft durchsetzen will. Denn für sie ist nachvollziehbar, dass faire Arbeitsbedingungen erschwert sind, wenn bei Werkverträgen und Leiharbeit nicht klar genug wird, wer eigentlich verantwortlich ist. Das sei auch der Grund, warum es in diesem Sektor überdurchschnittlich häufig zu Arbeitsunfällen komme.