Verbot von "Konversionstherapien" Behandlung mit gefährlichen Folgen
Noch immer gibt es in Deutschland Versuche, Homosexuelle "umzupolen" mithilfe dubioser Therapien. Ein Gesetzentwurf von Minister Spahn will dem jetzt einen Riegel vorschieben. Ein Überblick von tagesschau.de.
Was sieht der Gesetzentwurf vor?
Das Gesetz soll "Konversionsbehandlungen" von minderjährigen Homosexuellen verbieten - und auch bei Volljährigen, "deren Einwilligung zur Durchführung der "Konversionsbehandlung" auf einem Willensmangel beruht", heißt es im Gesetzentwurf. Beispielsweise, weil sie durch Zwang oder Täuschung beziehungsweise mangelnde Aufklärung über die schädlichen Folgen solcher Behandlungen zustande kommt.
Außerdem soll es verboten sein, für "Konversionsbehandlungen" öffentlich zu werben oder diese öffentlich anzubieten oder zu vermitteln. Bei Minderjährigen soll auch nicht öffentliches Vermitteln, Werben und Anbieten verboten sein.
Kurz vor dem geplanten Beschluss war der Entwurf noch einmal verschärft worden: Die Ausnahmen für Heranwachsende seien gestrichen worden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gerade in dieser Altersphase fänden die meisten Versuche statt, mit Pseudo-Therapien gegen Homosexualität oder die Geschlechtsidentität vorzugehen - daher sollen sie auch bei 16- bis 18-Jährigen künftig verboten sein.
Stehen "Konversionstherapien" künftig unter Strafe?
Verstöße gegen das neue Gesetz sollen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder hohen Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Das Gesundheitsministerium räumt dabei in seinem Entwurf den Interessen der Betroffenen Vorrang ein - vor der mit einem Verbot einhergehenden Einschränkung der Berufsfreiheit der Behandelnden.
Was sind "Konversionstherapien"?
Sogenannte Konversionstherapien zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung eines Menschen zu beeinflussen oder zu verändern. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung, dass Homosexualität "heilbar" und in heterosexuelles beziehungsweise asexuelles Verhalten zu verwandeln sei. Sie vermitteln den Eindruck, dass Homosexualität eine Erkrankung sei, die korrigiert werden könne. Zu den angebotenen Behandlungen gehören neben der Psychotherapie unter anderem Lichttherapie, Homöopathie und offenbar auch Elektroschocktherapie. Sie richten sich vor allem an Jugendliche und Heranwachsende.
Welche Folgen haben solche Behandlungen?
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass solche Behandlungen "funktionieren". Stattdessen heißt es in einem Gutachten des Bundesfamilienministeriums, nach allem, was man wisse, "sind diese Behandlungen gefährlich". So werde etwa die beim Coming-out ohnehin bestehende Angst vor Stigmatisierung, Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt dadurch noch verstärkt. Die Therapien können zudem Depressionen, soziale Isolation und ein erhöhtes Suizidrisiko nach sich ziehen.
Wie verbreitet sind solche Therapien?
Ein Bericht der Magnus-Hirschfeld-Stiftung schätzt die Zahl Betroffener in Deutschland auf 1000 bis 2000 pro Jahr. Verlässliche Zahlen gibt es nicht. In der Vergangenheit sorgten vor allem konservative religiöse Gruppen, die Homosexualität ablehnen, mit Angeboten zur sexuellen Umwandlung für Empörung. Sie agieren Kritikern zufolge oft verdeckt und meist im evangelikalen Spektrum. Der Bund Katholischer Ärzte (BKÄ) schreibt hingegen auf seiner Webseite ganz offen, es gebe "religiöse, psychotherapeutische und medizinisch-homöopathische Möglichkeiten der 'Behandlung' bei Homosexualität und homosexuellen Neigungen".
Wie ist die Situation in anderen Ländern?
Nicht nur deutsche, sondern auch viele internationale Organisationen haben sich klar gegen solche Therapieverfahren ausgesprochen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) strich Homosexualität bereits 1990 von der Liste psychischer Erkrankungen. Der Weltärztebund, dem auch die Bundesärztekammer angehört, bezeichnete gegen Homosexualität gerichtete Therapien als "ernste Gefährdung für die Gesundheit und die Menschenrechte". Als erstes europäisches Land verbot Malta 2015 Konversionstherapien. Auch in Brasilien und mehreren US-Bundesstaaten gibt es solche Verbote.