"One Love"-Kapitänsbinde Faeser nennt FIFA-Verbot "Riesenfehler"
Innenministerin Faeser appellierte im tagesthemen-Interview an die FIFA, das Verbot der "One Love"-Binde zu überdenken. Gleichzeitig verteidigte die Ministerin ihren Besuch in Katar - sie werde dort auch die Menschenrechtslage ansprechen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das Verbot der FIFA für die "One Love"-Kapitänsbinde - und deren Drohung mit sportlichen Sanktionen beim Tragen - in den tagesthemen als "Riesenfehler" bezeichnet. Zur Begründung sagte Faeser, es müsse möglich sein, dass man für Vielfalt und gegen Diskriminierung auch offen eintrete. Mit Blick auf den DFB, der sich nicht gegen die die Entscheidung der FIFA gestellt hatte, sagte die Ministerin:
Ich hätte mir gewünscht, dass die Verbände dem nicht nachgegeben hätten.
Seit September war klar, dass die europäischen Verbände - darunter auch der DFB - die Binde tragen wollen. Die FIFA ließ sie bis kurz vor dem Anpfiff im Unklaren, ob sie das genehmigt. Und drohte dann mit sportlichen Sanktionen.
Faeser: Verantwortung nicht auf Sportlern abladen
Auf die Frage, ob es besser wäre, die von der FIFA angedrohten sportlichen Sanktionen wie gelbe Karten in Kauf zu nehmen, sagte Faeser, sie wolle nicht, dass diese Verantwortung auf den Sportlern "abgeladen werde". Sie sehe in diesem Fall die FIFA in der Pflicht. Sie appelliere deshalb an den internationalen Fußballverband, die eigene Haltung zu dem Thema zu revidieren. Sie selbst wolle das auch in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der FIFA klarmachen, sollte es dazu kommen, so Faeser.
Und sie bedauere die Entscheidung des DFB, der sich nicht gegen die Anweisung der FIFA gewehrt hatte. Den Schaden, der dadurch auch am deutschen Fußball entstanden sei, schätze die Bundesinnenministerin als "sehr groß" ein.
Faeser will erneut Menschenrechtslage in Katar ansprechen
Nachdem lange nicht klar war, ob ein Mitglied der Bundesregierung zu der vielfach kritisierten Weltmeisterschaft in Katar reisen würde, verteidigte Faeser ihren Besuch in dem Wüstenstaat. Sie sei als Sportministerin unter anderem auch für die deutschen Fans verantwortlich. Für die sei die Unterstützung wichtig.
Außerdem wolle Faeser bei Gesprächen vor Ort erneut auf die Menschenrechtslage in dem Land zu sprechen kommen - sie sei nicht nur wegen des Fußballs gekommen, so Faeser. Nicht zu kommen, wäre laut Faeser der "einfachere Weg" gewesen. Sie habe sich für den schwereren entschieden.
Ich hätte es mir einfach machen können, in dem ich einfach zu Hause bleibe und kritisiere, aber das ist nicht meine Haltung.
DFB-Sponsoren im Zwiespalt
Die meisten DFB-Sponsoren versuchten den Spagat zwischen deutlicher Kritik an der FIFA-Entscheidung und Rückendeckung für den deutschen Verband. Nur der Einzelhandelsriese Rewe ging auf Distanz und will die Kooperation mit dem DFB vorzeitig beenden. Rewe hatte den Partnerschaftsvertrag schon im Oktober gekündigt. Nun will der Handelskonzern aus Protest auf seine Werberechte - insbesondere im Kontext der Weltmeisterschaft - verzichten. Ein DFB-Sammelalbum von Rewe zur WM in Katar werde ab sofort gratis angeboten. Die bisherigen Verkaufserlöse wolle Rewe spenden.
Die Deutsche Telekom, die über MagentaTV alle WM-Spiele überträgt, kündigte Gespräche mit dem DFB an. "Wir halten nichts von überstürzten Entschlüssen und müssen zunächst die Hintergründe der Entscheidung des DFB verstehen", erklärte der Konzern. "Deshalb werden wir zeitnah mit dem DFB über die gesamte Thematik sprechen."
Der langjährige Ausrüster Adidas steht zu seinem Vertrag mit dem DFB. "Wir werden die Partnerschaft nicht beenden", betonte ein Sprecher des Sportartikelkonzerns, der in Katar sieben Nationalteams ausstattet. Adidas setze auf Dialog: "Sport bietet wichtigen Themen eine Bühne. Es ist unerlässlich, die Diskussion fortzuführen." Zur Partnerschaft mit dem Fußball-Weltverband FIFA, für den Adidas einer der sieben wichtigsten Sponsoren ist, äußerte sich Adidas zunächst nicht.
VW und Lufthansa halten an Sponsoring fest
Volkswagen hält am DFB-Sponsoring fest. Dort habe es "viele gute Entwicklungen" gegeben. "Und wir wollen auch zukünftig mit dem DFB gemeinsam an positiven Veränderungen im Fußball insgesamt arbeiten", sagte ein Sprecher des Autobauers, der auch Eigentümer des Bundesligisten VfL Wolfsburg ist. "Dennoch hätten wir es begrüßt, wenn die europäischen Verbände ein solches sichtbares Zeichen für Vielfalt bei diesem Turnier gesetzt hätten." Aber im Weltfußball müsse sich "dringend etwas Grundsätzliches ändern".
Die Lufthansa fliegt die deutsche Nationalelf zu ihren Auswärtsspielen. Auch die Fluggesellschaft will dem DFB treu bleiben. Sie verwies darauf, dass sie mit der Aufschrift "Diversity Wins" auf einem Airbus A330 ein klares Zeichen für Toleranz und Vielfalt gesetzt habe. Das Flugzeug werde derzeit auf verschiedenen Langstreckenverbindungen eingesetzt - auch nach Doha.