Kabinett zu E-Mobilität Dienstwagen sollen den Schub bringen
Die Bundesregierung will endlich mehr E-Autos auf die Straße bringen. Dafür setzt das Kabinett auf Steuervorteile für Dienstwagen und Lieferfahrzeuge. Doch das gehe am eigentlichen Problem vorbei, sagen Kritiker.
Ulrike Demmer, die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, fährt mit gutem Beispiel voran. Sie komme in der Regel immer mit dem E-Auto zur Regierungspressekonferenz. "Heute ausgerechnet mit einem Hybrid", sagt Demmer mit einem leicht verlegenen Lächeln, "weil das andere in der Reparatur ist."
Die Koalition setzt auf Dienstwagen, um die Elektromobilität in Deutschland voranzubringen. Zu diesem Zweck verlängert die Regierung das Steuerprivileg für Dienstwagen bis Ende 2030. Konkret heißt das: Wer ein reines E-Auto oder Hybridfahrzeug auch privat nutzt, muss dafür monatlich weiterhin 0,5 Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil versteuern. Zum Vergleich: Bei Dienstwagen ohne Elektroantrieb sind es 1,0 Prozent des Listenpreises, also doppelt so viel.
Zehn Millionen E-Autos bis 2030
Mehr E-Autos auf die Straßen sollen auch folgende Maßnahmen bringen: eine Sonderabschreibung für rein elektrische Lieferfahrzeuge von 50 Prozent im ersten Jahr der Anschaffung; bis Ende 2030 wird von der Steuer befreit, wer sein privates E- oder Hybridauto im Betrieb auflädt; das Gleiche gilt, wenn eine betriebliche Ladevorrichtung zweitweise für eine private Nutzung überlassen wird.
Bislang bleibt die Zahl der Elektrofahrzeuge weit hinter den Erwartungen der Bundesregierung zurück. Ende 2018 waren 83.000 E-Autos zugelassen. Dazu kommen 341.000 Hybrid-Pkw, die einen Batterieantrieb mit einem Verbrennungsmotor kombinieren. Das ursprüngliche Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2020 haben Union und SPD schon lange aufgegeben. Die neue Marke lautet: zehn Millionen Elektro-Pkw bis 2030. Dazu sollten 500.000 Elektronutzfahrzeuge kommen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, erklärt das Bundesverkehrsministerium.
Gebrauchte Dienstwagen für private Halter
Finanzminister Olaf Scholz, der die Sitzung des Bundeskabinetts heute in Abwesenheit der im Urlaub verweilenden Kanzlerin leitete, sieht Deutschland auf dem richtigen Weg. "Das ist der erste größere Schritt", betont der Vizekanzler und verweist auf die für den 20. September geplanten "weitreichenden Entscheidungen" des Klimakabinetts. Diese Entscheidungen sollten sicherstellen, dass Deutschland ein erfolgreiches Industrieland und gleichzeitig Vorreiter beim Klimaschutz bleibe, so Scholz.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) ist zufrieden, dass die steuerliche Förderung für Dienstwagen mit Elektroantrieb dauerhaft fortgesetzt wird. Das schaffe Planungssicherheit, erklärte VDA-Präsident Bernhard Matthes. Seine Prognose: Über die Dienstwagen würden Elektrofahrzeuge sehr schnell in den Gebrauchtwagenmarkt kommen und dann von privaten Haltern gekauft werden. "Auch das wird helfen, die Basis der Elektromobilität zu verbreitern", so Mattes.
Kritik an "Einzelmaßnahmen" und steuerlichen Details
Ein Problem unterstreicht aber auch der Spitzenvertreter der Automobilbranche: die Lade-Infrastruktur. Auch hier hat das Verkehrsministerium ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben: 300.000 Ladepunkte bis zum Jahr 2030. "Wir müssen das Henne-Ei-Problem lösen", betont Ministeriumssprecher Ingo Strater. "Laden muss immer, für alle und überall möglich sein." Nach seinen Angaben sind bislang 300 Millionen Euro in das Förderprogramm Ladeinfrastruktur geflossen.
Aus Reihen der Opposition kam Kritik an den Plänen der Bundesregierung. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sprach von "unkoordinierten Einzelmaßnahmen, die der E-Mobilität kaum zum Durchbruch verhelfen" würden. Stephan Kühn, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, warf Scholz vor, er verheddere sich in steuerlichen Details anstatt die strukturellen Hemmnisse der Elektromobilität aus dem Weg zu räumen.