Unter Vorpandemie-Niveau Lebenserwartung erneut gesunken
Im dritten Jahr in Folge ist die Lebenserwartung in Deutschland zurückgegangen. 2022 lag sie laut aktuellen Zahlen unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Diese zeigen auch: Es gibt regionale Unterschiede.
Die Lebenserwartung in Deutschland ist 2022 erneut gesunken. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sie sich laut Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) um mehr als ein halbes Jahr verringert. Demnach fiel die Lebenserwartung bei Männern von 78,7 auf 78,1 Jahre, bei Frauen von 83,5 auf 82,8 Jahre.
Bundesländer unterscheiden sich
Laut BiB gibt es in Deutschland erhebliche regionale Unterschiede, wie sich die Lebenserwartung bei Geburt seit dem Pandemiebeginn verändert hat. So hätten einige Bundesländer, die in den ersten beiden Pandemiejahren sehr starke Verluste verzeichnet hatten, 2022 wieder etwas Boden gutmachen können.
Besonders negativ entwickelt hat sich die Situation in zwei Bundesländern: Im Saarland und in Sachsen-Anhalt lag die Lebenserwartung demnach bei Männern 2022 um mehr als ein Jahr unter dem Wert von 2019. Auch bei den Frauen stach Sachsen-Anhalt hervor. Dort lag sie 2022 knapp ein Jahr unter den Werten von 2019.
Verhältnismäßig günstiger habe sich die Situation bei den Männern in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen entwickelt. so das BiB. Dort lag die Lebenserwartung nur maximal ein halbes Jahr unter dem Wert vor der Pandemie. Bei Frauen war das in Sachsen und Baden-Württemberg der Fall.
Grippewelle beeinflusste Lebenserwartung
Laut BiB glichen sich Unterschiede zwischen west- und ostdeutschen Bundesländern, die während der Pandemie gewachsen waren, wieder etwas an. Die Lebenserwartung war 2021 gerade in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg deutlich unter das Niveau vor der Pandemie gefallen.
"Diese Bundesländer waren damals durch Corona von einem besonders drastischen Anstieg der Sterblichkeit betroffen", erklärte BiB-Forschungsgruppenleiter Pavel Grigoriev. 2022 stieg die Lebenserwartung in diesen vier Ländern aber wieder.
Ein anderes Bild ergibt sich in Westdeutschland: Dort sank die Lebenserwartung am stärksten zwischen 2021 und 2022. Laut BiB lag das hauptsächlich an der damals massiven Ausbreitung der Pandemie.
Alle Regionen seien zudem von der Grippewelle Ende 2022 betroffen gewesen. "Diese starke Grippewelle trug erheblich zum Rückgang der Lebenserwartung im Jahr 2022 bei", so Grigoriev.
Deutsche Trends ähneln Entwicklung in Europa
Wie das BiB weiter erklärte, deckten sich räumliche Trends in Deutschland teilweise mit Trends in Europa. So habe es 2021 in Europa Ost-West-Unterschiede gegeben, da in vielen osteuropäischen Ländern die Lebenserwartung durch Corona gesunken sei. Ähnlich wie in den ostdeutschen Bundesländern stieg die Lebenserwartung 2022 in Ländern wie Polen, Tschechien und der Slowakei wieder. Dennoch blieben die Werte unter dem Niveau von 2019.
Die Entwicklung in Westdeutschland ähnelt laut BiB dagegen den nordischen Ländern wie Norwegen und Finnland. Sie verzeichneten 2022 erstmals seit der Beginn der Pandemie stärkere Rückgänge in der Lebenserwartung. Unter den 13 europäischen Ländern, für die das BiB Zahlen für 2022 ermitteln konnte, erreichten nur Schweden bei Männern und Frauen sowie Dänemark und Belgien bei Männern eine Lebenserwartung auf oder über dem Vorpandemie-Niveau.