De Maizière fordert neues EU-Asylsystem "Institutionalisiertes Umsiedlungssystem der EU"
Reform der Dublin-Regeln, Sicherheitschecks bei allen Flüchtlingen: Innenminister de Maizière hat laut einem Medienbericht mit seinem italienischen Kollegen Alfano Pläne für ein neues EU-Asylsystem nach Brüssel geschickt. Zugleich forderte er, die Flüchtlingspolitik der Türkei zu loben, statt die Regierung zu kritisieren.
Kurz vor dem EU-Flüchtlingsgipfel mit der Türkei haben Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sein italienischer Kollege Angelino Alfano laut einem Medienbericht Vorschläge für eine Reform der europäischen Asylpolitik vorgelegt. Nötig sei eine "ehrgeizige Reform der Dublin-Regulierung" mit einem "neu justierten gemeinsamen europäischen Asylsystem", schrieben die Politiker nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" in einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission.
Außengrenzen sichern, Sicherheitscheck für alle Flüchtlinge
In dem Schreiben, das an Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans und Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gerichtet sei, fordern die beiden Minister demnach zunächst eine Sicherung der EU-Außengrenzen, um die Zahl einreisender Flüchtlinge in die EU nachhaltig zu senken. Mit Hilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex solle ein EU-weiter Registrierungsmechanismus geschaffen werden, inklusive Sicherheitschecks von allen Migranten und Asylsuchenden.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sein italienischer Kollege Angelino Alfano formulierten ihre Vorschläge in einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission.
Ein Ziel der Reform sei, die Lasten nicht länger nur den Staaten aufzubürden, in denen die Flüchtlinge zuerst europäischen Boden beträten, sondern sie fair zu verteilen. Allerdings erwähnen die Minister nicht das bisher von der EU propagierte System, Grenzstaaten wie Griechenland und Italien durch die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas zu entlasten. Schutzbedürftige Menschen sollten stattdessen künftig bereits in ihren Herkunfts- oder in Transitländern identifiziert und von dort nach Europa gebracht werden. Ziel sei ein "institutionalisiertes Umsiedlungssystem der EU". Mit festen jährlichen Quoten sollten die Flüchtlinge auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden. Darüber hinaus solle es eine EU-Liste sicherer Herkunftsländer geben.
De Maizière fordert Anerkennung für Türkei
De Maizière pocht mit Blick auf den EU-Türkei-Gipfel ein gemeinsames europäisches Handeln in der Flüchtlingskrise. "Sonst werden alle scheitern", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Krise könne von keinem Land alleine geregelt werden. "Nationale Lösungen sind auf Dauer kein wirksamer Weg."
Zugleich verlangte der Bundesinnenminister mehr Anerkennung für die Leistungen der Türkei bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. "Ankara hat unter humanitären Gesichtspunkten zuletzt Bemerkenswertes geleistet. Dort sind 2,5 Millionen Flüchtlinge aus der Krisenregion in Syrien aufgenommen worden. Das verdient Anerkennung und nicht Kritik", sagte de Maizière der Zeitung.
Offensichtlich mit Blick auf den innenpolitischen Kurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der AKP-Regierung fügte er hinzu: "Wir sollten nicht der Schiedsrichter beim Thema Menschenrechte für die ganze Welt sein." Die Regierung in Ankara steht vor allem wegen ihres Vorgehens gegen die Kurden und oppositionelle Medien in der Kritik. Erst gestern stürmte die Polizei das Verlagsgebäude der auflagenstärksten regierungskritischen Zeitung des Landes, nachdem ein Richter das Blatt unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt hatte. Die Türkei müsse aber auch ihren Beitrag zur Grenzsicherung leisten, sagte de Maizière. "Es gibt hier viele Möglichkeiten des Interessenausgleichs und der Zusammenarbeit. Auch unterhalb einer (EU-)Vollmitgliedschaft."
Oettinger stellt Türkei mehr Geld in Aussicht
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger stellt der Türkei unterdessen weitere Hilfen im Zusammenhang mit der Versorgung von Flüchtlingen in Aussicht. Europa sollte dem Land auch über 2017 hinaus finanziell unter die Arme greifen, sagte er dem Magazin "Der Spiegel". Die EU hat zur Versorgung von Flüchtlingen schon drei Milliarden Euro zugesagt. Nur ein Bruchteil davon ist bislang aber geflossen. Mit dem Geld soll verhindert werden, dass viele Flüchtlinge - etwa aus dem Bürgerkriegsland Syrien - weiter nach Europa ziehen. "Bei einer regelmäßigen Vollfinanzierung der Leistung, die die Türkei bei Unterkunft und Versorgung der Flüchtlinge erbringt, kommen im Jahr schnell sechs oder sieben Milliarden zusammen", so Oettinger.
EU-Kommissar Günther Oettinger sieht Möglichkeiten für zusätzliche Milliardenhilfen zugunsten der Türkei