Söder gratuliert SPD "Die besten Chancen hat Scholz"
CSU-Chef Söder sieht den Auftrag zu Gesprächen über eine neue Bundesregierung zunächst vor allem bei der SPD. Die besten Chancen aufs Kanzleramt habe Scholz, sagte er. Die Union ringt indes um einen neuen Fraktionsvorsitzenden.
Vor der konsultierenden Sitzung der zukünftigen CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat CSU-Chef Markus Söder klargestellt, dass er bei der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl momentan die SPD am Zug sieht. Klar sei, dass zunächst einmal ein Ampel-Bündnis naheliege, sagte Söder in Berlin nach der konstituierenden Sitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag zu den erwarteten Gesprächen von SPD, Grünen und FDP.
"Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz", sagte Söder. Er hob zugleich hervor, dass die Union zu Gesprächen über eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP bereit sei. "Wir werden uns dabei nicht anbiedern und nicht um jeden Preis versuchen, eine Regierung zusammenzubringen". Es gebe die "Bereitschaft zur Verantwortung", aber die Union sei "nicht bereit zur Selbstaufgabe".
Söder hob erneut hervor, dass die Union bei der Wahl eine "schwere Niederlage" erlitten habe. Es sei auch wichtig, "dass man das Wahlergebnis respektiert". Der CSU-Chef gratulierte auch ausdrücklich Scholz zum Wahlsieg. Für die Union lasse sich aus dem Ergebnis "wirklich kein Regierungsauftrag moralisch legitimieren". Der Ausgang der Wahl lasse sich auch "nicht uminterpretieren oder umwünschen", sagte Söder.
Dobrindt: Fraktionsvorsitzenden sofort wählen
Die CSU erhöht gleichzeitig den Druck auf die CDU, um umgehend einen Vorsitzenden der Unions-Fraktion zu wählen. Wenn eine Fraktion nach der Wahl zur konstituierenden Sitzung zusammen komme, habe sie auch die Aufgabe "dafür zu sorgen, dass Ordnung entsteht", sagte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt. "Und diese Ordnung wird als erstes dadurch hergestellt, dass der Fraktionsvorsitzende gewählt wird."
Dobrindt warnte vor Folgefehlern nach der Wahlniederlage. "Einer dieser Folgefehler wäre, Personalentscheidungen, die notwendig sind, zu vermeiden oder zu verschieben." Er werde auf keinen Fall den Vorschlag machen, einen Fraktionsvorsitzenden für vier oder sechs Wochen zu wählen, sagte Dobrindt, der zuvor von der CSU-Landesgruppe als Vorsitzender im Amt bestätigt worden war.
Der CDU-Vorsitzende Laschet hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, auf die übliche Wahl des Fraktionschefs für ein Jahr zunächst zu verzichten.
Söder und Laschet suchen Kompromiss
CSU-Chef Söder sagte, es werde noch besprochen, welche Lösung die beste und konsensfähig sei. Wenn es keinen Konsens gäbe, wäre es aber kein Beinbruch, wenn gewählt werde. "Das ist der Normalfall der Demokratie." Die CSU wolle keinem Abgeordneten das Recht vorenthalten, im Zweifel wählen oder kandidieren zu wollen.
Söder sah noch eine "kleine Möglichkeit, dass vielleicht am Ende die Ampel nicht kommen könnte und vielleicht doch dann Jamaika zum Tragen kommt". Dann müsste sich die Union erst einmal gut auf Verhandlungen vorbereiten. Bei diesen komme es darauf an, zwei Dinge zu entwickeln: "ein gemeinsames Verständnis von einem neuen Narrativ einer Regierung." Dieses müsse für Modernität, Erneuerung, ein stabiles und starkes Staatsverständnis und für ökologische Gerechtigkeit stehen. Das Zweite sei: "Neben dem geschriebenen Vertragstext braucht es auch einen gemeinsamen Teamgeist, Vertrauen", sagte der CSU-Vorsitzende.
Machtkampf um Fraktionsvorsitz
Während die Schwesterpartei CDU bei der Bundestagswahl 49 Abgeordnete verlor, verringerte sich die Zahl der CSU-Vertreter nur um einen auf 45. CSU-Chef Söder hatte nach der Wahl bereits darauf verwiesen, dass das Gewicht der bayerischen Abgeordneten in der gemeinsamen Unionsfraktion dadurch stärker wird.
Der Vorsitzende der CSU im Bundestag ist kraft Amtes auch erster stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Diese wird bisher von Ralph Brinkhaus geführt. In der CDU gab es aber vor der konstituierenden Sitzung der gemeinsamen Fraktion Streit, ob er im Amt bestätigt werden soll oder die Funktion vorerst nur kommissarisch weiter ausübt. Hintergrund ist die offene Frage, ob die Union in die Opposition geht oder vielleicht doch noch eine Chance hat, eine Regierung mit FDP und Grünen zu bilden.