Maßnahmen gegen Corona-Herbstwelle Gesundheitsministerium will mehr Spielraum
Schon gibt es eine Corona-Sommerwelle - die schwerere Herbst-Welle kommt wohl erst noch. Das Gesundheitsministerium erwartet eine "prekäre Situation" und dringt offenbar auf umfassende Möglichkeiten zum Gegensteuern.
Das Bundesgesundheitsministerium dringt angesichts einer erwarteten schweren Corona-Welle im Herbst auf umfassende Möglichkeiten zum Gegensteuern mit staatlichen Schutzvorgaben. Es werde "ein breites Repertoire von Schutzmaßnahmen" notwendig sein, zitierte die Nachrichtenagentur dpa Ministeriumskreise. Die Länder müssten vieles machen können, um auf die Lage reagieren zu können.
Angesichts der ansteckenderen Virusvariante BA.5 sei für den Herbst "eine prekäre Situation" wie bei einer an beiden Enden brennenden Kerze zu erwarten: mit einerseits nicht nur vielen, sondern sehr vielen Infektionsfällen in der Bevölkerung - und andererseits ebenfalls vielen infiziert ausfallenden Pflegekräften oder Ärztinnen und Ärzten.
Verhandlungen über Konzept laufen
In der Regierung verhandelt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) derzeit mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) über ein Konzept für den Herbst. Die zum Frühjahr vor allem auf Drängen der FDP deutlich zurückgefahrenen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September aus. Sie sind Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen in den Ländern und definieren mögliche Instrumente. Zuletzt fielen etwa allgemeine Maskenpflichten für Veranstaltungen und beim Einkaufen weg. Die Koalition strebt ein Konzept möglichst noch im Juli an.
Das Gesundheitsministerium will zudem praktische Vorbereitungen für den Herbst vorantreiben. Geplant ist unter anderem eine neue größere Impfkampagne, für die wohl vier Impfstoffe bereitstehen sollen.
DIVI: Für Ältere womöglich fünfte Impfung sinnvoll
Zur derzeitigen Impfdebatte in Deutschland sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, er halte für ältere Menschen im Herbst unter Umständen eine fünfte Impfung für angebracht. "Sollte es ab Oktober einen Impfstoff geben, der vor der Infektion mit den Varianten BA.4 oder BA.5 schützt, wäre eine fünfte Impfung sinnvoll", sagt er der "Augsburger Allgemeinen".
Führende EU-Behörden hatten vor wenigen Tagen für eine zweite Auffrischungsimpfung für alle über 60 ausgesprochen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) - das für Deutschland zuständige Gremium - empfiehlt dies nur Menschen über 70 Jahren sowie einigen Risikogruppen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rät auch Menschen unter 60 Jahren, sich nach Rücksprache mit dem Arzt ein viertes Mal gegen Corona impfen zu lassen.
Mehr als 118 Millionen Impfstoff-Dosen gespendet
Deutschland spendete nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bisher mehr als 118 Millionen Dosen Corona-Impfstoff an 45 Länder Weitere fünf Millionen seien in Auslieferung, sagte eine Sprecherin: "Das Problem bei der Sache ist aber, dass das globale Impfstoffangebot derzeit bei weitem die Nachfrage übersteigt." Internationale Impfstoffinitiativen wie Covax hätten derzeit keinen Bedarf.
Die Sprecherin äußerte sich im Zusammenhang mit Meldungen über inzwischen etwa vier Millionen abgelaufene Impfstoffdosen des Herstellers Moderna in Deutschland. Sie würden nun fachgerecht entsorgt.
Sie sprach von einer logischen Konsequenz des sogenannten Portfolio-Ansatzes, um Impfwilligen unterschiedliche Impfstoffe anbieten zu können. Es würden auch in den nächsten Monaten Impfstoffe verfallen. Man setze sich mit den Herstellern und auf EU-Ebene kontinuierlich damit auseinander, die Haltbarkeit der Impfstoffe zu verlängern.
Gestern war bekannt geworden, das wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatum in Deutschland mehr Corona-Impfstoff vernichtet werden muss als bisher befürchtet. Zwischen Anfang Dezember 2021 und Ende Juni diesen Jahres sind etwa 3,9 Millionen Corona-Impfdosen verfallen. Das hatte das Bundesgesundheitsministerium auf eine parlamentarische Anfrage des CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger mitgeteilt.
Betroffen war den Angaben zufolge ausschließlich Impfstoff des US-Pharmakonzerns Moderna.