Cameron trifft Merkel in Berlin In zentralen Punkten zur Zukunft Europas weiter uneins
Zwar haben Kanzlerin Merkel und der britische Premier Cameron bei dessen Berlin-Besuch Einigkeit in der Eurokrise demonstriert. Beim Thema Transaktionssteuer gab es aber keine Annäherung. Sie versuchten zudem, Irritationen über Kauders "in Europa wird deutsch gesprochen"-Äußerungen zu beseitigen.
Deutschland und Großbritannien wollen trotz anhaltender Differenzen gemeinsam an einer Lösung der Schuldenkrise in der Eurozone arbeiten. Beim deutschen Vorstoß für eine Finanztransaktionssteuer sind sich beide Länder jedoch weiter uneins. London lehnt eine Einführung in Europa ab und hält dies nur global für möglich, wie Premier David Cameron bei seinem Berlin-Besuch bekräftigte. Die Finanzbranche flüchte sich ansonsten an Handelsplätze ohne diese Steuer. Die britische Hauptstadt ist einer der führenden Finanzplätze in Europa. Sollten sich viele Institute zurückziehen, würde dies die Wirtschaft erheblich treffen.
Cameron betonte, Großbritannien wolle in Europa aktiv und positiv agieren, "weil wir eine engagierte Handelsnation sind". Die Stabilität der Eurozone betreffe auch Großbritannien, das ihr nicht angehört. "Ein starker, erfolgreicher und nachhaltiger Euro ist in aller Interessen", betonte der britische Regierungschef. Er forderte alle EU-Institutionen auf, die Sicherung der gemeinsamen Währung zu unterstützen. Hintergrund ist offenbar die britische Forderung, die Europäische Zentralbank (EZB) stärker zur Stützung angeschlagener Euro-Staaten zu nutzen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich ihre Forderung nach eng begrenzten Änderungen der EU-Verträge, um die Einhaltung der Euro-Stabilitätsregeln strenger überwachen zu können. Angesichts der Schuldenkrise brauche es "mehr Bindekraft und mehr Durchsetzungsmöglichkeiten für die europäischen Institutionen". Sie sagte aber zugleich, man sei sich einig, bis zum EU-Gipfel Anfang Dezember in Brüssel gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, "weil jeder die Haltung des anderen versteht".
In der Diskussion um die künftige Finanzierung der europäischen Behörden forderten Merkel und Cameron das EU-Parlament auf, die Steigerung des EU-Haushalts 2012 auf die Inflationsrate zu begrenzen. "Wir stimmen darin überein, dass sich die Anstrengungen, die die EU-Regierungen zu Hause unternehmen, sich auch im Budget 2012 widerspiegeln sollen", betonte Merkel.
In der Eurokrise werden viele Sprachen genutzt
Merkel betonte ihren Einsatz für den Zusammenhalt aller 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union, der angesichts der Globalisierung wichtig sei. Die Kanzlerin und der britische Premier pochten zudem auf eine rasche Umsetzung der Ende Oktober vereinbarten Maßnahmen zur Euro-Stabilisierung. "Da zählt jeder Tag", sagte Merkel.
Die beiden Regierungschefs versuchten spielerisch, Spannungen nach einer Bemerkung von Unionsfraktionschef Volker Kauder aus der Welt zu schaffen. Kauder hatte in Großbritannien mit dem Satz Ärger ausgelöst, dass im Anti-Krisen-Kampf "in Europa Deutsch gesprochen" werde. Sie habe Cameron "in meinem begrenzten Englisch klargemacht, dass ich weiter gerne Englisch spreche, mein Russisch verbessern muss und leider kein Französisch spreche", so Merkel. Cameron erwiderte, dass er da wohl noch mehr an seinen Sprachfähigkeiten arbeiten müsse.