Bundesrat über Tierhaltung Wie viel Raum braucht ein Schwein?
Die Regierung hat neue Regeln für die umstrittene Kastenhaltung von Schweinen aufgestellt. Über eine Änderung der Tierschutz-Nutztiervervordnung sollte im Bundesrat abgestimmt werden. Doch das Thema wurde von der Tagesordnung gestrichen.
Die Bundesregierung hat neue Regeln für die Haltung von Schweinen aufgestellt, konkret für den sogenannten Kastenstand. Zuchtsauen verbringen einen großen Teil ihrer Lebenszeit in engen Metallkäfigen, in denen sie sich weder umdrehen noch ausstrecken können. Diese Käfige sollen etwas größer werden. Und die Zeit in den Gattern aus Stahlstangen soll deutlich sinken: von vier auf eine Woche im Deckzentrum und von 35 Tagen auf höchstens fünf Tage im Abferkelbereich.
Damit sollen Schmerzen und Leid der Sauen auf das unvermeidliche Maß reduziert werden - so schreibt es die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eigentlich schon seit Anfang der 1990er-Jahre vor. Der Vorschlag jetzt gäbe den Bauern noch einmal 15 Jahre Zeit, um sich auf die neuen Anforderungen einzustellen.
Einige fordern Verbot
Das Thema sollte eigentlich heute im Bundesrat zur Abstimmung stehen, wurde aber von der Tagesordnung genommen. Tier- und Umweltschützer hatten den Bundesrat davor gewarnt, die Vorgaben aufzuweichen. Einige fordern, die Kastenhaltung ganz zu verbieten. Diese will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) - wenn auch mit Einschränkungen - beibehalten.
"Jede Verlängerung der Kastenstandhaltung verstößt gegen das Grundgesetz", erklärte die Organisation Foodwatch. Sie forderte vor allem die Grünen auf - über ihre Beteiligung an zahlreichen Landesregierungen - die Pläne Klöckners zu stoppen. Foodwatch-Kampagnendirektor Matthias Wolfschmidt wies darauf hin, dass die Kastenstandhaltung bereits in mehreren europäischen Ländern verboten wurde, etwa in Österreich, Großbritannien und den Niederlanden.
Auch der Deutsche Tierschutzbund warnte den Bundesrat vor "Deals auf Kosten der Sauen". Diese müssten ihre "Gliedmaßen zumindest ungehindert ausstrecken können". Mängel in der Verordnung bezüglich der Sauenhaltung "dürfen nicht durch Zugeständnisse bei anderen Tierarten erkauft oder verschleiert werden".
Weitere Korrekturen
Der Agrarausschuss des Bundesrates hat viele Änderungswünsche angemeldet: Ein Verbot der Kastenstände verlangt der Ausschuss nicht, dafür aber weitere Korrekturen. So soll die ganzjährige Anbindehaltung von Rindern verboten und die Verordnung um weitere Vorschriften für andere Nutztierarten ergänzt werden, beispielsweise zur Haltung von Legehennen.
Gerade den Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen gehen die Pläne aber nicht weit genug.
Landwirte wollen demonstrieren
Landwirte sehen das ganz anders und wollen gegen schärfere Vorschriften demonstrieren. Der Deutsche Bauernverband warnt: "Ein großer Teil der über 20 Änderungsanträge würde weite Teile der bäuerlichen Nutztierhaltung - insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben - in Frage stellen", erklärte Verbandspräsident Joachim Rukwied.
Dem statistischen Bundesamt zufolge gab es Ende 2019 rund 26 Millionen Schweine in Deutschland, mehr als die Hälfte von ihnen in Betrieben in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Branche ist geprägt von einem Strukturwandel: gerade kleine Betriebe hören auf, der Trend geht zu größeren Höfen mit vielen Tieren.
Mit Informationen von Birgit Schmeitzer, ARD-Hauptstadtstudio